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Die Mexikaner sind auch bei dieser WM wieder recht erfolgreich - ohne große Namen.

© AFP

WM-Zwischenfazit: Wenn das Team zum Star wird

Tagesspiegel-Redakteur Axel Gustke zieht nach der Vorrunde Bilanz: Bei der Fußball-WM zeigen Mannschaften aus der zweiten Reihe, wie man auch ohne Stars erfolgreich sein kann. Eine Lektion, die sich insbesondere die Afrikaner zu Herzen nehmen sollten.

Bei Endrunden von Fußball-Weltmeisterschaften waren es in der Vergangenheit meistens die Europäer, die den Titel gemeinsam mit Brasilien und Argentinien ausspielten. In Südafrika scheint diese Dominanz zu brechen: Nur sechs der 14 Mannschaften vom Mutter-Kontinent des Fußballs überstanden die Vorrunde. Im Viertelfinale werden unter den letzten acht Teams nur noch drei europäische sein. Neben den desolaten Italienern und Franzosen enttäuschten dabei auch Länder wie Dänemark, Serbien oder die Schweiz, allesamt Mannschaften, denen man nach dem Überstehen der schweren Qualifikation eigentlich mehr zutrauen durfte als das in Südafrika Gezeigte. Die einzige positive Überraschung ist hier die Slowakei, die sich bei ihrer ersten WM-Teilnahme sensationell gegen Italien behauptete.

Während von den traditionell favorisierten Europäern also nur die wenigsten den Erwartungen gerecht werden konnten, waren es bislang vor allem die Südamerikaner, die dieser Weltmeisterschaft ihren Stempel aufdrückten. Alle fünf Teilnehmer des Kontinents erreichten das Achtelfinale, und das weitgehend souverän und mit ansehnlichem Fußball. Daneben zählen vor allem die Asiaten (mit Ausnahme Nordkoreas) zu den positiven Überraschungen.

Mannschaftliche Geschlossenheit und die richtige Einstellung

Schaut man sich die Überraschungsmannschaften sowie die enttäuschenden Teams genauer an, lässt sich erkennen: Es braucht nicht unbedingt die großen Stars und auf Teufel komm raus einen international erfahrenen Trainer. Mannschaften aus der zweiten Reihe wie Uruguay, Japan, Südkorea, USA oder Chile bestechen vor allem durch mannschaftliche Geschlossenheit und die richtige Einstellung. Auch haben fast alle dieser Länder einen einheimischen Coach, der international zwar nicht so bekannt wie ein Eriksson oder ein Capello sein mag, dafür aber mit dem jeweils landeseigenen Fußball bestens vertraut ist.

Eine Lektion, die sich insbesondere die afrikanischen Länder zu Herzen nehmen sollten, deren Abschneiden - wieder mal - als Enttäuschung abgebucht werden muss. Anstatt die eigenen Tugenden wie Spielfreude und Teamgeist zu fördern, wird hier zumeist versucht, mit abgehalfterten europäischen Trainern Taktik und Disziplin einzuimpfen. So oft wie afrikanische Teams im Vorfeld einer Weltmeisterschaft schon hoch gehandelt und zu Geheimfavoriten erklärt wurden, genauso regelmäßig sind sie gescheitert. Hier kommt auch die teilweise stark überzogene Erwartungshaltung in den Ländern und die Selbstüberschätzung aus Kreisen von Verbänden und Funktionären hinzu, die einen Druck erzeugen, dem bislang keine der Mannschaften standhalten konnte.

Und die deutsche Elf? Die Konstanz von 2006, als die DFB-Auswahl auf einer Euphorie-Welle von einer starken Leistung zur nächsten stürmte, ist Geschichte. Unter Joachim Löw ist es viel mehr Stückwerk. Wie schon bei der Europameisterschaft 2008 wechseln sich überzeugende Spiele ab mit eher mäßigen, gehemmten Auftritten. Der Verlauf der Vorrunde weist in der Tat deutliche Parallelen zur EM vor zwei Jahren auf. Und dort, wir erinnern uns, folgte den durchwachsenen Gruppenspielen ein fulminanter Sieg gegen Portugal im Viertelfinale. Doch auch wenn sich diese Parallele in Südafrika fortsetzt, und jetzt England mit einer erneuten Leistungssteigerung geschlagen wird, ist zu befürchten, dass die Truppe von Joachim Löw früher oder später an ihre Grenzen stoßen wird, wie eben 2008.

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