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Werder Bremen - Hertha BSC Berlin

© ddp

Gäng für Drobny: Hertha hat ein Torwartproblem

Bremen bringt es an den Tag: Herthas Viertliga-Keeper Christopher Gäng scheint in der Bundesliga überfordert.

Es war Sommer. Die Sonne schien im heißen Palma de Mallorca, sie waren blendender Laune bei Hertha BSC. Zumal sich die Berliner bei ihrem Ausflug auf die Baleareninsel gut verkauften. Der Fußball-Bundesligist gewann sein erstes Spiel beim Vorbereitungsturnier gegen Newcastle United 1:0, der unter den Zuschauern weilende Präsident Werner Gegenbauer war angetan. Ein Sieg gegen ein Team aus der Premier League, das sei aller Ehren wert. „Die haben ja richtig schönen Fußball gespielt“, stellte Gegenbauer fest. Fast vergessen war da schon eine Szene aus den Anfangsminuten der Partie, die noch Folgen für Hertha haben sollte. Nach einem Eckball war Christian Fiedler unglücklich gelandet – Kreuzbandriss, mindestens ein halbes Jahr Pause. Hertha stand plötzlich ohne zweiten Torwart da. Fiedlers Fehlen war eine Hypothek, mit der die Berliner in die Saison gingen. Spätestens nach dem elften Bundesligaspieltag wissen sie das.

Am Sonnabend in Bremen musste Stammkeeper Jaroslav Drobny wegen einer Wadenverhärtung passen, für den dritten Torwart Christopher Gäng kam der unerhoffte Einsatz zu früh: Nach einigen Unsicherheiten des jungen Mannes verloren die Berliner 1:5 – bitter für ein Team, das aufgrund seiner Abwehrstärke zuvor nur zehn Treffer in zehn Spielen kassiert hatte.

Nun lässt sich Christopher Gäng nur bedingt ein Vorwurf machen. Der Mann ist gerade mal 20 Jahre jung. Zwei Testspiele für den Bundesligisten und fünf Einsätze in Herthas zweiter Mannschaft hatte er vor seinem Bundesligadebüt in Bremen hinter sich. Doch zwischen Regionalliga und erster Etage liegen nun mal Fußballwelten: In der vierten Liga spielte Gäng nur eine Woche zuvor vor 100 Zuschauern gegen ein semiprofessionelles Team wie Türkiyemspor und nicht vor 40 000 Zuschauern gegen einen Champions-League-Teilnehmer. Das ist ein strukturelles Problem, das fast alle Bundesligisten nach der Ligenreform haben: Früher spielten ihre Ersatzkeeper in Reserveteams in der Drittklassigkeit und wurden mehr gefordert. Nun, nach Einführung der neuen Dritten Liga ist dieser Luxus nur noch wenigen Klubs wie Bayern München oder Werder Bremen vorbehalten. Was passieren kann, wenn ein Viertliga-Torwart plötzlich beim Bundesligisten ran muss, hatte bereits vor Gäng Frederic Löhe für Mönchengladbach unfreiwillig bewiesen: Sein Erstligadebüt verlor der völlig überforderte Löhe 0:3 in Wolfsburg – auch er kaum aus der Regionalliga. „Der Unterschied zwischen vierter Liga und Bundesliga ist eben groß“, sagte dann auch Herthas Trainer Lucien Favre. Insofern könne er Gäng keinen Vorwurf machen.

Die hohe Niederlage von Bremen ist wohl eher Herthas Organisation vorzuwerfen. Es ist zwar löblich, dass Manager Dieter Hoeneß nach Fiedlers Verletzung proklamierte, „dass wir den Weg mit den jungen Leuten weitergehen“ – aber ein wenig naiv war es auch. Alles hatte sich bei Hertha vor der Saison auf ein Duell um die Nummer eins im Tor zwischen Drobny und Fiedler eingestellt. Schließlich hatte der langjährige Stammtorwart Fiedler gesagt: „Ich will noch mal angreifen.“ Nach dessen schwerer Verletzung reagierte der Klub aber nicht. „Christian wird schneller wieder im Tor stehen, als das alle glauben“, sagte Torwarttrainer Enver Maric. Schließlich sei Fiedler sehr ehrgeizig.

Fiedler soll nun tatsächlich nach der Winterpause zurückkehren. Was passiert bis dahin, was passiert am Donnerstag beim Uefa-Cup-Spiel in der Ukraine gegen Metalist Charkow? Herthas medizinische Abteilung versucht nun, Drobnys Wadenverhärtung in den Griff bekommen. „Es wird eng für Jaroslav Drobny“, sagte am Sonntag allerdings Mannschaftsarzt Ulrich Schleicher. „Ob er spielen kann, ist offen.“ Spielt Drobny nicht, könnte sich Herthas Problem fortsetzen.

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