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Sport: Geduld auf dem Berg

Nach Hilde Gergs Rücktritt fehlen Siegkandidaten

Berlin - Sie kam auf schwarzen Krücken. Hilde Gerg lächelte, doch ihr wahrer Gemütszustand offenbarte sich, sobald sie über ihr unfreiwilliges Karriereende sprach. In diesem Moment konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. „Ich wollte bei Olympia noch einmal ein Highlight setzen“, sagte Hilde Gerg in der Wolfart-Klinik in Gräfelfing bei München schluchzend, „aber man kann es sich nicht aussuchen.“

Mit Hilde Gerg ist gestern auch ein Teil der ruhmreichen Vergangenheit der alpinen Abteilung des Deutschen Skiverbandes (DSV) zurückgetreten. Die Zukunft wird erfolgloser. „Wir verlieren die Hoffnung auf 15 Podestplätze im Weltcup und zwei Medaillen bei Olympia“, sagte Cheftrainer Walter Vogel. Auch Christian Neureuther bedauert Gergs Rücktritt nach einer schweren Knieverletzung. „Das ist ein ungeheurer Verlust für alle, die etwas mit Skisport zu tun haben“, sagt der ehemalige Skiprofi, „sie war die Garantie für Topplatzierungen.“

Zwar kann der DSV bei den Olympischen Spielen in Turin (9. bis 26. Februar) immerhin noch auf Martina Ertl-Renz und Maria Riesch zählen, die als Medaillenkandidatinnen gelten. Für die nächsten Jahre aber sieht es nicht gut aus. Dann wird auch noch die 32 Jahre alte Martina Ertl-Renz fehlen. Sie will nach dieser Saison zurücktreten.

„Wir müssen aufpassen, dass wir im Damenbereich nicht so eine Situation wie im Herrenbereich bekommen“, sagt Neureuther, „bisher haben die Erfolge der Damen alles andere überdeckt.“ Bei den Herren gibt es bereits seit längerem keine beständigen Siegfahrer mehr. Nach dem Rücktritt von Max Rauffer und Florian Eckert sind bei den Männern nur noch Felix Neureuther und Alois Vogl wirklich starke alpine Fahrer.

Bei den Frauen bleiben Maria Riesch und die Slalomspezialistin Monika Bergmann-Schmuderer. „Wir müssen aufpassen, dass sich von den vier keiner verletzt, sonst wird es sehr schwierig“, sagt Felix Neureuther. Bereits in dieser olympischen Saison kämpft die 20-jährige Maria Riesch nach einem überstandenen Kreuzbandriss und einer Knochenstauchung um den Anschluss an die Weltspitze.

Was die Anzahl der Erfolge betriff, haben in den vergangenen Jahren zuerst die Skispringer und zuletzt die Langläufer und Nordischen Kombinierer die Alpinen überholt. Bei diesem Vergleich dürften die klassischen Skifahrer demnächst noch schlechter abschneiden. „Wir brauchen in den nächsten Jahren Geduld“, sagt Neureuther, „im alpinen Bereich können Talente nicht so schnell hochkommen wie etwa im Langlauf.“ Dazu brauche es viel Erfahrung und Training.

Um die Fernsehübertragungen in den nächsten Jahren fürchtet der Ski-Experte der ARD allerdings nicht. „Wir sind Teil einer ganztägigen Winterstrecke im Fernsehen, das wird übertragen, auch wenn nur ein deutscher Läufer an den Start geht“, sagt Neureuther. Die Quoten in der letzten Saison seien hervorragend gewesen. Neureuther fürchtet nicht um die Popularität seiner Sportart. Er erklärt: „Wir haben in Deutschland acht Millionen Skifahrer.“

Nur nicht genug Spitzenkräfte. Im Nachwuchs des Jahrgangs 1989 hat der Ehemann von Rosi Mittermaier allerdings einige große Talente ausgemacht. „Die könnten als 20-Jährige im Weltcup mitfahren“, sagt Neureuther. Das wäre in vier Jahren.

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