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Sport: Gemischtes Doppel

Altstars spielen auf, um die deutschen Meisterschaften attraktiver zu machen

Die deutschen Meisterschaften im Tennis sind eine vom Aussterben bedrohte Spezies gewesen. Im Jahr 2002 war das, als das Präsidium des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) das Turnier aus finanziellen Gründen aussetzen wollte. Nur der Aufmerksamkeit des damaligen Titelträgers Christian Vinck war es zu verdanken, dass dieser Plan bei der Mitgliederversammlung entdeckt worden ist und anschließend vereitelt werden konnte. Man sollte diese Vorgeschichte kennen, um zu verstehen, warum die deutschen Meisterschaften 2006, die in dieser Woche in Seeburg bei Spandau ausgespielt werden, vom DTB wie ein kränkelndes Geschöpf behandelt werden, das es mit aller Vorsicht aufzupäppeln gilt.

So bekommt das schwächelnde Turnier in diesem Jahr einen starken Freund an die Seite gestellt. „Tennis-Classics“ heißt dieser Freund, er besteht aus Schaukämpfen der Tennis-Oldies Carl-Uwe Steeb (39 Jahre alt) gegen den Schweden Mats Wilander (42) und Michael Stich (38) gegen den Franzosen Henri Leconte (43), die unmittelbar nach den Finalspielen der Damen und Herren stattfinden sollen. „Der Etat für die Meisterschaften ist nicht der üppigste“, sagt Heinz Wagner, Vizepräsident des Deutschen Tennis-Bundes. Die finanzkräftigere Doppelveranstaltung in der Havellandhalle zu Seeburg ist daher eine willkommene Gelegenheit für den klammen Tennisverband – ein überdurchschnittlicher Publikumszuspruch ist so garantiert.

Klaus Eberhard, der Sportdirektor des Deutschen Tennis-Bundes, findet es gut, mit den Alten für die Jungen zu werben. „Viele Zuschauer haben Michael Stich oder Carl-Uwe Steeb früher gerne gesehen und wollen sie auch gerne wiedersehen.“ Es ist eben nicht einfach, diese Meisterschaft zu veranstalten, denn bei den deutschen Spitzenspielern gilt sie nicht gerade als sonderlich attraktiv. Das Preisgeld ist normalerweise nicht üppig, in diesem Jahr gibt es immerhin 34 000 Euro. Auch liegt der Termin in der Urlaubszeit der Spieler, die auf der WTA- oder ATP-Tour unterwegs sind. Deshalb muss Barbara Rittner für die deutsche Meisterschaft werben. „Das ist ein Titel, den man sein Leben lang behält“, sagt die Chefin des deutschen Fed-Cup-Teams. Außerdem erhalten Sieger und Siegerin je eine Wild Card für das WTA-Turnier in Berlin und das ATP-Turnier in Hamburg. „Vor Berlin wollen immer alle eine Wild Card haben, hier wird mal eine ausgespielt, zu fairen Bedingungen“, sagt Barbara Rittner.

Bei der amtierenden Deutschen Meisterin Martina Müller haben diese Worte allerdings kein Gehör gefunden, sie hat bereits abgesagt. Hintergrund ist allerdings der weiterhin schwelende Konflikt zwischen ihr und dem Deutschen Tennis-Bund. Sie müsse neue Trainingsstätten organisieren, teilte die 34. der Weltrangliste mit. Nach dem Rauswurf aus dem A-Kader des DTB darf sie nicht mehr kostenlos im Olympiastützpunkt Hannover trainieren. Dafür haben in der Männerkonkurrenz die beiden Davis-Cup-Spieler Florian Mayer und Michael Kohlmann zugesagt. Sie sind die beiden hochkarätigsten Teilnehmer der Meisterschaft, an der sonst vor allem Spieler aus dem B-Kader teilnehmen.

Florian Mayer, der 2005 in Wimbledon das Viertelfinale erreicht hat, nutzt die deutsche Meisterschaft nach einer längeren Verletzungspause als Vorbereitung auf die neue Saison. Davis-Cup- Teamchef Patrick Kühnen ist vom neuen Konzept trotzdem überzeugt. „Deutlicher können die Signale kaum sprechen, die von hier ausgehen“, sagt Kühnen, „ich glaube, dass dieses Turnier einen Aufschwung bekommen kann.“ Für 2006 lässt sich folglich bei der deutschen Meisterschaft diagnostizieren: Der Patient sendet deutliche Lebenszeichen aus.

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