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Sport: German Open: Eintritt in eine andere Welt

Das mit der Pressekonferenz klappt jetzt auch wunderbar. Eine Dreiviertelstunde nach ihrem letzten Ballwechsel tritt Miriam Schnitzer in das enge Kabuff, um Rede und Antwort zu stehen.

Das mit der Pressekonferenz klappt jetzt auch wunderbar. Eine Dreiviertelstunde nach ihrem letzten Ballwechsel tritt Miriam Schnitzer in das enge Kabuff, um Rede und Antwort zu stehen. Am Anfang der Woche war das noch anders. Da wartete man vergeblich. Der Vertreter der WTA gab sich auf Nachfrage zerknirscht. Helfen konnte er leider nicht: "Ich weiß gar nicht, wie Miriam Schnitzer aussieht."

Inzwischen ist Miriam Schnitzer ein relativ bekanntes Gesicht: Die Zeitungen schreiben über sie, im Fernsehen muss sie Live-Interviews geben. Nicht schlecht für eine Spielerin, die am Dienstag als Nummer 182 bei den German Open ihr Erstrundenmatch bestritten hat. Gestern besiegte die letzte verbliebene deutsche Teilnehmerin bei den German Open die Tschechin Denisa Chladkova mit 7:5, 6:3 und zog ins Viertelfinale ein. In der Weltrangliste wird die 24-Jährige, die in Freiburg geboren, in Ingolstadt aufgewachsen ist und seit sechs Jahren in München lebt, auf etwa Platz 120 vorrücken.

Der Sprung unter die letzten Acht ist ein Erfolg, den niemand erwartet hatte. "Wir waren schon froh, dass wir eine Wild card bekommen haben", sagt Martin Liebhard, der Miriam Schnitzer seit drei Jahren trainiert. Beim Blick auf die Auslosung hatte die Deutsche Hallenmeisterin zwar festgestellt, dass sie zu Beginn "nicht gleich den Megahammer" zu erwarten hatte. Aber nun sogar das Viertelfinale? Die Pläne sahen anders aus. Eigentlich stand für heute ein Bundesligaspiel mit dem TC Blau-Weiß Bocholt in Miriam Schnitzers Terminkalender; stattdessen spielt sie aber nun auf dem Centre Court in Berlin gegen die Belgierin Justin Henin, die Venus Williams sensationellerweise aus dem Wettbewerb warf. So selbstbewusst, wie sich Miriam Schnitzer zurzeit gibt, ist allerdings nach Aussage ihres Trainers "alles möglich".

Zum Thema Online Spezial: Ladies German Open 2001 Das hat Miriam Schnitzer nicht nur am Mittwoch gegen die favorisierte Nathalie Tauziat (Frankreich) bewiesen, als sie im dritten Satz eine 5:2-Führung verspielte und trotzdem 7:5 gewann. Auch gegen Chladkova, immerhin die Nummer 55 der Welt, war es aufregender, als es das Ergebnis vermuten lässt. Miriam Schnitzer führte schnell 4:0, verlor dann fünf Spiele in Folge, vergab einen Satzball und gewann doch noch 7:5. Ihr Trainer fühlte sich zeitweise an Hamburg vor einer Woche erinnert. Da standen sich beide Spielerinnen bereits in der Qualifikation gegenüber. Schnitzer führte im ersten Satz 5:3 und gewann dann kein einziges Spiel mehr. Ein solcher Einbruch blieb ihr diesmal erspart. Miriam Schnitzer zeigte eine für ihre Weltranglistenposition erstaunliche Nervenstärke. Man weiß ja, wie das sonst ist: schön mitgehalten gegen die Favoritin, aber dann die entscheidenden Punkte verloren. Doch Miriam Schnitzer bleibt gelassen, wenn es eng wird, dafür wird sie nach Beobachtung ihres Trainers nervös, "wenn sie drauf und dran ist, das Match zu gewinnen". So auch im zweiten Satz gegen Chladkova. Erst vergab Schnitzer einen Breakball zum 5:2, verlor das Spiel und ließ später gegen die aufschlagende Tschechin drei Matchbälle ungenutzt.

Für Miriam Schnitzer ist alles neu, was in dieser Woche passiert. Heute tritt sie zum ersten Mal auf dem Centre Court an, gegen eine Gegnerin, die schon als 18-Jährige als 18. der Weltrangliste in einer anderen Liga spielt. "Ich kam an solche Spielerinnen bisher nicht ran", sagt Miriam Schnitzer. Nun sucht sie Zugang zu dieser Welt, hat "auf jeden Fall die Top 100" als Ziel und will "ein bisschen weg von den kleineren Turnieren", die in Vaihingen, Darmstadt oder Buchen gespielt werden. Bei den French Open wird es noch nicht fürs Hauptfeld reichen, dafür bei manchem WTA-Turnier. Miriam Schnitzer hofft, "dass ich nicht gleich wieder fünfmal in der ersten Runde verliere".

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