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Sport: Gold mit Soße

Durch spartanische Lebensweise ist Triathlet Jan Frodeno Olympiasieger geworden – dafür genießt er seinen Erfolg jetzt umso mehr

Berlin - Kürzlich hat Jan Frodeno mit seinem Bankberater telefoniert. Der riet ihm, endlich Geld anzulegen, Vorsorge sei doch wichtig, und außerdem hat Frodeno gerade einiges eingenommen. Doch Frodeno wimmelte ihn schnell ab: „Oh, ich muss noch Rad fahren.“ Geld zurücklegen, das ist ihm zu weit gedacht. „Ich habe ja noch nicht einmal ein Sparbuch.“

So wie Jan Frodeno mit Geld umgeht, so hält er es auch mit dem Sport: Der Moment zählt. Und mit dieser Einstellung hat es der Triathlet weit gebracht. In Peking ist der 27-Jährige Olympiasieger geworden. Zurzeit reist er in der ganzen Republik herum, um seine Goldmedaille zu feiern und zu vermarkten. In dieser Woche sind seine Stationen unter anderem der Hockenheimring, München und Berlin. Zu Hause im Saarland war er zwischendurch auch, aber vor allem, weil ein Reporter sich für einen Tag wegen einer Homestory angekündigt hatte.

Frodeno wird auch deshalb so oft eingeladen, weil er ein Olympiasieger der etwas anderen Art ist. Er kann für den Sport auf alles verzichten, aber kaum ist das Ziel erreicht, wird aus dem eben noch spartanischen Frodeno ein „Lebemensch“, wie er sagt. Vor den Olympischen Spielen war er in ein karges Zimmer am Olympiastützpunkt gezogen mit Matratze auf dem Boden, und ernährt hat er sich von Reis und Obst. Jetzt, weil alles geklappt hat, genießt er das Leben. „Ich kippe mir wieder Soße über mein Essen“, sagt er. In Berlin hat er sich in einem Autohaus in einen Formel-1-Simulator gesetzt und war vergnügt wie ein kleiner Junge. „Genuss entsteht durch Verzicht“, sagt er.

Frodenos Laufbahn ist auch keine Musterkarriere aus dem deutschen Vereinssport. Aufgewachsen ist Frodeno in Kapstadt, weil seine Eltern dort 1992 hingezogen waren, schwimmen gelernt hat er erst mit 16 Jahren. Weil ihn das Kachelnzählen im Schwimmbad auf Dauer langweilte, schwamm er lieber im Meer. Dass sich deutsche Athleten manchmal über zu kaltes Wasser oder schlechte Bedingungen beschweren, kann er nicht verstehen.

Ein Studium der Betriebswirtschaftslehre hat er schnell wieder aufgegeben. „Das hat mich einfach nicht genug interessiert, und für ein Studium, das mich mehr interessiert, wie Architektur, hätte ich 100 Prozent geben müssen.“ Seine 100 Prozent will er dem Sport geben. Damit hat er einen ganz anderen Weg gewählt als den von vielen Sportfunktionären beworbenen. Die sprechen von „dualer Karriereplanung“ und sagen, dass eine Ausbildung oder ein Studium zum einen ein guter Ausgleich für den Kopf sei und es zum anderen auch immun gegen die Versuchungen des Dopings mache, noch eine andere Perspektive zu haben. Frodeno sagt: „Um ohne Doping auszukommen, muss man doch erst mal alles ausreizen, was körperlich möglich ist.“ Dafür müsse man sich eben auf den Sport konzentrieren. Dass er im Sport auch hätte scheitern können, lag offenbar außerhalb seiner Vorstellungswelt. „Ich hatte einfach keine Zeit, über einen Plan B nachzudenken.“

Weil bei Plan A nun sogar der Olympiasieg herausgekommen ist, geht es damit auch weiter. Es ist für Frodeno noch lange nicht die Zeit gekommen, sich um etwas anderes als Sport zu kümmern. „Der letzte Olympiasieger war 33 Jahre alt“, sagt er. Einige Ziele hat er noch. „Ich war noch nie Weltmeister.“ Im Gegensatz zu Daniel Unger, mit dem er gemeinsam am 12. Oktober bei den „Grand 10 Berlin“ eine Tandem-Staffel bildet. Bis dahin will Jan Frodeno noch viel herumreisen und ein paar Flugstunden für einen Pilotenschein nehmen. „Alleine durch den Wald laufen kann ich noch früh genug.“

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