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Sport: Gold nach dem Gold

Eisschnellläuferin Claudia Pechstein plant ihren fünften Olympiasieg

Berlin - In einigen Wochen wird sich zeigen, ob die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein sogar Sicherheitsbestimmungen an Flughäfen aushebeln kann. Eigentlich darf sie ihre Schlittschuhe seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nicht mehr als Handgepäck im Flugzeug mitführen – die scharfen Kufen könnten als Waffe benutzt werden. Nun muss sie ihr Sportgerät als Gepäck aufgeben. Unlängst sind jedoch ihre wichtigsten Utensilien bei einem Transatlantikflug kurzzeitig verloren gegangen, weshalb sie einige Tage lang nicht trainieren konnte. Seitdem versucht sie, für den Flug im Februar zu den Olympischen Spielen nach Turin eine Sondergenehmigung zu bekommen. „Ich bin ja bei der Bundespolizei“, sagt sie, „vielleicht kann ich meine Kontakte ausspielen.“

Claudia Pechstein traut sich gegenwärtig offenbar einiges zu. Übermütig witzelte sie gestern bei einem Pressetermin ihres Sponsors am Gendarmenmarkt in Berlin bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Der Titel bei der Mehrkampf-Europameisterschaft in Hamar, Norwegen, hat ihrer Laune gut getan. „In meinem Alter so viele Meter zu laufen, hätte ich nicht für möglich gehalten“, sagte die 33-Jährige – und aß auf dem Podium einen Mohrenkopf. Besonders das Ergebnis über 500 Meter erfreute sie, mit 39,60 Sekunden lief sie eine neue persönliche Bestzeit. Sie konnte dabei gut verkraften, auf keiner der vier Einzelstrecken die Schnellste gewesen zu sein. „Das hebe ich mir hoffentlich für Olympia auf.“

Claudia Pechsteins Planungen richten sich nun auf die Spiele von Turin (10. bis 26. Februar). Dort will sie ihre Bilanz als Deutschlands erfolgreichste Winter-Olympionikin ausbauen. Und ihre fünfte Goldmedaille gewinnen. Mindestens drei Gelegenheiten dazu wird sie bekommen: über 3000 Meter, über 5000 Meter und im Teamwettbewerb, der erstmals olympisch ist. „Wenn es einmal mit der Goldmedaille klappt, wäre es schon super“, sagt Claudia Pechstein.

Sie liebäugelt sogar mit einem Start über 1500 Meter. „Ich bin ja schon qualifiziert, aber das lasse ich mir noch offen“, sagt die Berlinerin, „das werde ich vor Ort entscheiden.“ Am 22. Februar, dem Tag des 1500-Meter-Rennens, wird sie ihren 34. Geburtstag feiern. „Wir werden sehen, wie es bis dahin über 3000 Meter und im Teamwettbewerb gelaufen ist.“ Sie wolle sich nicht zuviel vornehmen auf dem Oval Lingotto in Turin. „Man kann nicht vorher große Töne spucken und dann am Ende ohne etwas dastehen.“

Claudia Pechstein wird in Turin erneut im Mittelpunkt des Interesses stehen, so viel lässt sich bereits sagen. Ihr Aufstieg in die Schlagzeilen verdankt sie auch einer öffentlichkeitswirksamen Fehde mit ihrer Teamkollegin Anni Friesinger in Salt Lake City 2002. Gerne versucht sie seitdem, ihren Bekanntheitsgrad und den ihrer Sponsoren durch öffentliche Auftritte weiter zu fördern. Am Sonntagabend kletterte sie in der Sat1-Sendung „Stars am Limit“ in einer Lederhose mehrfach unter einer Bierbank hindurch.

Ihr Streit mit Friesinger ist zwar offiziell längst beigelegt, doch manchmal wird weiter gestichelt. „Es ist nicht so, dass wir uns jetzt besser verstehen würden als in Salt Lake City“, sagt Pechstein. In Turin werden sich die beiden deutschen Kontrahentinnen allerdings nicht so regelmäßig begegnen wie noch vor vier Jahren, als sie sich mit sechs Läuferinnen ein Apartement teilten. Diesmal wird Pechstein im Olympischen Dorf wohnen, Friesinger im Hotel. „Aber wir werden uns schon treffen“, sagt Pechstein, „spätestens auf dem Eis.“ Die Nachricht, dass ihr die verletzte Friesinger am Wochenende vor dem Fernseher die Daumen gedrückt habe, löste nur verhaltene Freude aus. „Das war sicherlich der Grund, warum ich gewonnen habe“, sagt Pechstein - und zog mit dem Zeigefinger ein Augenlied herunter.

Eine Frage wird Pechstein allerdings bald ernsthaft beantworten müssen. Nach dieser Saison wird ihr langjähriger Trainer Joachim Franke aufhören, es könnte schwerwiegende Folgen für ihre eigene Karriere haben. „Rücktritt oder nicht Rücktritt“, sagt Pechstein, „darüber können wir nach den Olympischen Spielen reden.“ Sie habe sich noch keine Gedanken gemacht. Diesmal werden allerdings auch ihr Ehemann Markus und ihre Eltern nach Turin fahren. Es könnte ein Abschiedsreise werden.

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