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Sport: Grausam gemütlich

Das deutsche Team erlebt bei der B-WM Eishockey-Provinz – und schlägt Japan mit 4:0

Uwe Krupp lächelte inmitten der Irritation. Nein, er sei nicht der Nationaltrainer Israels, sagte er. Französische Journalisten hatten den Eishockey-Bundestrainer im Coliseum von Amiens am Montag mit seinem israelischen Kollegen verwechselt. Anschließend wurde Krupp von der freundlichen Übersetzerin für sein hervorragendes Englisch gelobt, was eigentlich nicht verwundern dürfte, immerhin hat der Mann 15 Jahre in der National Hockey-League (NHL) in Nordamerika erfolgreich Eishockey gespielt. In der internationalen Eishockeyszene ist er ein Begriff. Doch die ein wenig peinliche Situation nach dem ersten deutschen Spiel bei der B-Weltmeisterschaft in Frankreich spiegelt die Lage der Nationalmannschaft wider. Die Deutschen sind nach ihrem Abstieg in der Eishockey-Provinz angekommen.

Immerhin stimmen in Amiens bisher die Leistungen: Gestern besiegten die Deutschen in ihrem zweiten von fünf Turnierspielen Japan mit 4:0 (1:0, 1:0, 2:0). Zuvor hatten sie Israel 11:2 besiegt. Die Eishockey-Provinz von Amiens ist eigentlich ganz gemütlich, in der nordfranzösischen Stadt mit 160 000 Einwohnern ist Eishockey populär. Neben vielen französischen Fans prägen hunderte Anhänger aus Großbritannien, Ungarn und Deutschland dieser Tage das Bild in den Cafés und Restaurants. Die lokale Tageszeitung schmückt sich auf der Titelseite mit Fotos von der B-WM. Doch die gute Stimmung in der Stadt kann die deutschen Spieler nicht erfreuen. „Wir müssen hier aufsteigen“, sagt Stürmer Sven Felski von den Eisbären. „Noch ein Jahr in der B-Gruppe wäre grausam.“

Es würde der Popularität der Nationalmannschaft nicht förderlich sein, wenn sie statt gegen Kanada weiter gegen Nationen wie Japan spielt – auch wenn die Deutschen gestern eine sehr konzentrierte Leistung zeigten. Die rund 500 deutschen Fans feierten den Sieg mit einer Polonäse durch das Stadion. Andreas Renz, Marco Sturm, Stefan Ustorf und Sascha Goc erzielten die Tore.

Auch der nächste Gegner Großbritannien wird am Donnerstag den Deutschen eher mit Kampf als mit Spielkultur begegnen. „Wir müssen die Briten halt niederringen, so ist das bei einer B-WM“, sagt Marco Sturm. Der gebürtige Bayer mit dem Zwei-Millionen-Dollar-Jahresgehalt fühlt sich in Amiens manchmal fehl am Platz. „Wenn ich meinen Kollegen in Boston erzähle, dass ich in Amiens in einem Hotel mit dem Namen Holiday Inn gewohnt habe und gegen Ungarn gespielt habe, lachen die mich aus.“

Immerhin, Sturm ist gekommen. Die anderen in Nordamerika spielenden Deutschen sind entweder verletzt oder noch in den Play-offs der NHL beschäftigt. Zudem hat Bundestrainer Krupp sein Team verjüngt. Mit dem 18-jährigen Felix Schütz zum Beispiel. Der in Erding geborene Stürmer spielt bei den St. John Sea Dogs in der Quebec Major Junior Hockey League – Eisbären-Manager Peter John Lee will ihn für die kommende Saison verpflichten. „Wir haben eben eine junge und hungrige Mannschaft“, sagte der gegen Japan stark spielende Stefan Ustdorf. Aber irgendwie findet der Stürmer von den Eisbären die Diskussion über alt und jung auch müßig. „Hier zählt nur der Aufstieg“, sagt er. Ein weiteres Jahr in der Eishockey-Provinz wünscht sich keiner.

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