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Fliiiiieeeg! Matthias de Zordo schickt den Speer mit Urgewalt auf die Reise. Foto: dpa

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Sport: Große Würfe

Mit mächtigen Weiten wird Matthias de Zordo im Speerwerfen völlig überraschend Zweiter

Noch einmal lief Matthias de Zordo an, noch einmal jagte er den Speer mit einem mächtigen Armzug in den Himmel über Barcelona. Der Speer flog 84,12 Meter weit, begleitet von einem mächtigen Schrei. Bis eine Stunde zuvor hätte der 22-Jährige damit seine persönliche Bestweite nur um 26 Zentimeter verpasst. Aber gestern Abend, gegen 21.30 Uhr, war alles anders im Leben des Matthias de Zordo von Saar 05 Saarbrücken. Mit seinen 84,12 Metern lag er in dieser Sekunde 3,69 (!) Meter unter seinem persönlichen Rekord. Der 22-Jährige hatte für eine der größten Überraschungen dieser Europameisterschaft gesorgt. Matthias de Zordo absolvierte den Wettkampf seines Lebens, er warf 87,81 Meter, er gewann fast sensationell die Silbermedaille. Nur Weltmeister und Olympiasieger Andreas Thorkildsen aus Norwegen war besser (88,37 Meter).

Aber Thorkildsen wusste auch, wer gefühlt der Sieger dieses Wettkampfs war. Nach dem dritten Versuch, nachdem dieser junge Deutsche 87,06 Meter geworfen hatte, da applaudierte er de Zordo. Und er blickte zu de Zordos Trainer Boris Henry und macht eine Geste des großen Respekts. 86,22 Meter, 87,81 Meter, 87,06 Meter, das war die grandiose Bilanz des Saarbrückers nach den ersten drei Versuchen. Die Konkurrenten und die Fans im Stadion staunten nur noch. Dabei hatte Henry seinem Athleten nur gesagt: „Schau, dass du unter die besten Acht kommst. Du sollst hier bloß Erfahrung sammeln.“

Henry war selber ein Weltklasse-Speerwerfer, er weiß, wie lange man braucht, um auf große Weiten zu kommen. Aber was sein Athlet an diesem Abend zeigte, das machte ihn fassungslos. Natürlich hatte de Zordo vor ein paar Monaten gesagt: „Ich möchte mal 90 Meter werfen.“ Irgendwann, in ein paar Jahren. So haben das alle verstanden. Aber dass er in Barcelona so einen Wettkampf abliefern würde, damit hatte keiner gerechnet.

Vielleicht lag es an der Musik, mit der er sich vor einem Wettkampf immer aufputscht. Der 22-Jährige hört mit Vorliebe AC/DC. „Rock gibt mir den Extra-Kick. Das kommt mir vor, als würde ich einen Kraftschub bekommen, damit ich noch mehr Leistung bringen kann.“

Diesen Kick hatte er bereits im ersten Versuch gezeigt. Jeder hatte sich auf das ewige Duell zwischen Thorkildsen und dem Finnen Tero Pitkämäki eingerichtet. Aber der Finne war schnell aus dem Rennen im Kampf um Gold. In seinem besten Versuch kam er nicht über 86,67 Meter hinaus, das bedeutete Bronze.

Wer weiß, ob de Zordo nicht auch im vierten Versuch den Speer wieder sehr weit geworfen hätte? Wenn, ja wenn ihn nicht ein Kampfrichter aufgehalten hätte? De Zordo stand schon zum Anlauf bereit, durfte aber nicht werfen, weil gerade in diesem Augenblick die Siebenkämpferinnen bei ihrem 800-Meter-Lauf vorbei gekommen sind. So musste de Zordo nach einer Verzögerung anlaufen und trat über. Ungültig. Auch der fünfte Versuch war ungültig. Vielleicht war aber auch einfach nur die Spannung aus seinem Körper. Drei Mal klar über die eigene Bestweite, das laugt ja psychisch aus. Aber er hatte Kraft genug, um seine Silbermedaille begeistert zu feiern.

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