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Händchenhalten: Herthas Trainer Michael Skibbe setzt gegen Hannover auf die jungen Verteidiger Alfredo Morales (links) und Sebastian Neumann. Beide haben noch kein Pflichtspiel bei den Profis von Beginn an bestritten.

© Picture Alliance / Camera4

Heimspiel gegen Hannover: Hertha fasst frischen Mut

Wegen Sperren und Verletzungen setzt Hertha BSC am Sonnabend gegen Hannover 96 auf die Jugend – das muss kein Nachteil sein.

Es ist eine Konstellation, die Sport reizvoll macht. Junge Spieler gegen gestandene Profis, eine angeschlagene und ersatzgeschwächte Mannschaft gegen einen zufriedenen und solide funktionierenden Gegner. Und oft, so lehrt die Erfahrung, geht so etwas für den Außenseiter sogar gut aus. Eben weil sich die Jugend mit Eifer beweisen will gegen eine Mannschaft, die den augenscheinlich geschwächten Kontrahenten zu leicht nimmt. So gesehen stehen die Chancen von Hertha BSC gegen Hannover 96 im Berliner Olympiastadion am Sonnabend (Beginn 15.30 Uhr) gar nicht mal so schlecht, sich mit einem Sieg Luft im Abstiegskampf zu verschaffen.

Das funktioniert natürlich nur, wenn der Außenseiter an seine Chance glaubt. Michael Skibbe sagt, dass er daran glaubt, dass seine Mannschaft das Fehlen des gesperrten Spielmachers Raffael und der ebenfalls gesperrten Verteidiger Christian Lell, Andre Mijatovic und des verletzten Christoph Jankers kompensieren kann. „Man könnte jetzt ketzerisch sein und sagen, dass es einen der Nachwuchsspieler treffen wird, der eben spielen muss“, sagt Herthas Trainer. „Oder man sagt: Jetzt ist endlich die Zeit da, in der der ein oder andere aus dem Nachwuchs ran darf.“

Zwei junge Spieler dürfen nach Lage der Dinge in der Defensive spielen. Außen soll Alfredo Morales Christian Lell ersetzen, Sebastian Neumann wird in der Innenverteidigung Partner von Roman Hubnik. Auf große Erfahrungswerte im Profifußball können weder Morales noch Neumann zurückgreifen. Der 21 Jahre alte Deutsch-Peruaner hat gerade einmal 53 Minuten Bundesliga hinter sich. Und Neumann, der in wenigen Tagen 21 wird, wurde in dieser Saison einmal im DFB-Pokal für Hubnik eingewechselt.

Dabei versprach gerade Neumann, bei Hertha eine Zukunft zu haben. Er war Mannschaftskapitän von Herthas Jugend, die 2010 im DFB-Junioren-Vereinspokal das Finale erreichte. Im selben Jahr bekam er einen Dreijahresvertrag bei den Profis, dort allerdings lief bisher fast alles schief für ihn. Skibbes Vorgänger, Markus Babbel, schimpfte noch im Dezember, dass Neumann „langsam mal aus dem Quark kommen und mir was anbieten muss“. Da erging es Morales schon besser unter Babbel. Allerdings kennt er den Innenraum des Berliner Olympiastadions vor allem aus seiner Zeit als Balljunge bei Hertha, Morales wurde in der Hinrunde nur in zwei Auswärtsspielen eingewechselt, zuletzt am 15. Oktober bei Herthas 0:4 in München.

Skibbe wird den beiden vertrauen, das ließ sich in den Trainingseinheiten ablesen – obwohl er für die Defensive mit dem kürzlich aus Freiburg geholten Felix Bastians noch eine Alternative hätte. Der 23 Jahre alte ehemalige U-21-Nationalspieler hat immerhin schon 79 Bundesligaeinsätze hinter sich. Zu der Konstellation Bastians und Neumann sagt der Trainer: „Beide machen ihre Sache gut.“ Laut Skibbe so gut, dass Hertha in der Transferperiode nicht noch mehr nachbessern musste in Sachen Verteidiger. Von Morales hat der Trainer ohnehin eine gute Meinung. „Es ist kein schlechtes Zeichen, dass er eine gute Vorbereitung auf die Rückrunde gespielt hat“, sagt Skibbe. „Er ist ein junger aufstrebender Spieler, der nun seinen Mann stehen darf.“

Ganz so locker sehen das bei Hertha mit der ungewohnten Defensive dann aber doch nicht alle. So kommt Manager Michael Preetz zu der nicht unbedingt bahnbrechenden Erkenntnis, „dass es vor dem Hintergrund der Umbauarbeiten in der Abwehr um Stabilität geht“. Basis für einen Erfolg gegen Hannover müsse eine gute defensive Organisation sein. Da lässt sich natürlich noch anfügen, dass es insgesamt in der Spielorganisation auch weiter vorne zuletzt gewaltig hakte, weil die Ideen von Raffael fehlten. Und noch etwas braucht Hertha, weiß Michael Skibbe: die Geduld der Zuschauer. „Ich hoffe, dass unsere Fans den jungen Spielern besonders zu Anfang des Spiels auch mal etwas verzeihen.“ Einen Fehlpass zum Beispiel.

Die Frage wird allerdings sein, ob Hannover 96 grobe Berliner Abwehrfehler verzeiht. Wohl kaum. Erschwerend hinzu kommt, dass die Niedersachsen in dieser Saison erst vier Mal verloren haben – nur Dortmund hat mit drei Niederlagen einen besseren Wert. Und ob das Berliner Publikum – Hertha rechnet am Sonnabend mit 40 000 Besuchern – über eine weitere maue Vorstellung seiner Mannschaft gnädig hinwegsieht? Unwahrscheinlich. Denn dazu ist die Lage beim heimschwächsten Team der Bundesliga – nur zwei Siege in neun Spielen – zu wenig unterhaltsam.

So gesehen spricht nicht viel dafür, dass sich die personell und nach zwei Niederlagen zum Rückrundenauftakt sportlich angeschlagene Berliner Mannschaft heute mit einem Sieg aus der kritischen Situation befreien kann und den 15. Tabellenplatz in die gewünschte Richtung verlässt.

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