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Helmut Marko, Motorsportchef von Red Bull Racing, leistete sich vor Kurzem eine Verfehlung in Richtung von Sergio Perez.

© dpa/Hasan Bratic

Helmut Marko muss Kritik einstecken: Zoff und Entgleisungen in der Formel 1

Die Formel 1 ist ein milliardenschweres Geschäft. Der Show-Faktor hat sich durch die neuen Besitzer erhöht. Reibereien sind ein Treibstoff, vor allem wenn sie öffentlich ausgetragen werden.

Von Martin Moravec, dpa

Die Show muss stimmen. In Japan liefern die motorsportbegeisterten Fans mit ihren fantasievollen Kleidungs- und Hutkreationen bildmächtige Folklore für die Formel 1. Treibstoff für das milliardenschwere PS-Geschäft mit seinen kostspieligen TV-Rechten sind aber auch Konflikte und Zoff. Netflix liefert da mit einer Dokuserie Zuspitzung in episodenhaften Happen. Bisweilen sind sogar Entgleisungen Teil der Seifenoper. In einer Hauptrolle: der Red-Bull-Motorsportberater.

Im österreichischen TV-Sender ServusTV blickte Helmut Marko Anfang September auf den zweiten Platz von Max Verstappens Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez in Monza zurück. Eigentlich ein harmloses Vorhaben. „Es war sicher eines seiner besseren Wochenenden“, lobte ihn Marko und fuhr doch fort: „Und das wissen wir ja, er hat Probleme im Qualifying, er hat Formschwankungen, er ist Südamerikaner und er ist im Kopf nicht so völlig fokussiert wie es beispielsweise der Max (Verstappen) oder der Sebastian (Vettel) war. Aber die Rennen sind größtenteils gut.“

Viel Lob, eine geografische Sackgasse – und eine Aussage, die für so manchen Zuhörer zumindest rassistisch klang. Marko, 80 Jahre alt, Österreicher, früherer Formel-1-Fahrer, Jurist und Talenteförderer bei Red Bull, bat umgehend um Verzeihung. Er wolle klarstellen, dass er „felsenfest davon überzeugt“ sei, „dass man Menschen, egal welcher Kultur, welcher Nationalität oder ethnischer Herkunft nicht generalisieren“ könne, teilte Marko über ServusTV mit.

„Ich wollte unterstreichen, dass die Leistungen von „Checo“, obwohl er ein tolles Rennen in Monza gefahren ist, dieses Jahr großen Schwankungen ausgesetzt sind. Es war falsch, einen Bezug zu seiner Herkunft herzustellen. Dafür möchte ich mich in aller Form entschuldigen.“

Marko entschuldigte sich persönlich bei Perez

Eine schriftliche Verwarnung vom Internationalen Automobilverband Fia erhielt Marko anschließend. Er sei an seine Verantwortung erinnert worden, sich als öffentliche Person an den Ethik-Code der Fia zu halten, hieß es. Perez, aus Guadalajara in Mexiko, das zwischen den USA und Mittelamerika liegt, erhielt von Marko eine persönliche Entschuldigung. „Ich kenne ihn und ich weiß, dass er es nicht so meint. Das ist für mich das Wichtigste“, sagte Verstappens Teamkollege.

Wenn Führungspersönlichkeiten und Leute in seiner Position solche Bemerkungen machen, ist das nicht gut für unsere Zukunft.

Lewis Hamilton über die Aussagen von Helmut Marko

Rekordweltmeister Lewis Hamilton bezeichnete Markos Aussage als „völlig inakzeptablen“ Kommentar. Die Worte des Red-Bull-Motorsportberaters seien „nichts, wofür man sich einfach entschuldigt und alles ist in Ordnung. Wenn Führungspersönlichkeiten und Leute in seiner Position solche Bemerkungen machen, ist das nicht gut für unsere Zukunft.“

Es gibt Entgleisungen und dann gibt es schroffe Töne. Netflix mit seiner Dokuserie „Drive to Survive“ hat etwa die Beschimpfungen von Mick Schumachers früherem Haas-Teamchef Günther Steiner zum Unterhaltungsmittel stilisiert. Fans zählen schon mal, wie oft der Italiener in einer Folge das Schimpfwort „fuck“ sagt, auch wenn es beim gebürtigen Meraner eher nach „fok“ klingt.

„He does not fok smash my door“ (Er schlägt meine Tür verdammt nicht ein), schrie ein wütender Steiner im Beisein der Kameras in Richtung seines Fahrers Kevin Magnussen, nachdem der Däne genau das getan hatte.

„Eine Dokuserie wie „Drive to Survive“ hat die Formel 1 einem ganz neuen Publikum vorgestellt, einem jüngeren und einem sehr amerikanischen. Letzten Endes ist es eine Show fürs Fernsehen. Wir sind jetzt ein bisschen wie die Kardashians auf Rädern“, befand Red-Bull-Teamchef Christian Horner schon zu Saisonbeginn. Die Formel 1 als Ableger der Reality-TV-Show „Keeping up with the Kardashians“: US-Eigentümer Liberty Media dürfte dieser Vergleich zumindest ob der Zuschauergunst gefallen.

Das Millisekunden-Milieu Formel 1 birgt aber auch ohne Querverweis zu PR-süchtigen Familienclans Streitpotenzial. Eine süffisante Bemerkung von Mercedes-Teamchef Toto Wolff zuletzt über Verstappens Erfolgsserie reizte den Niederländer. „Diese Zahlen sind für Wikipedia und das liest sowieso niemand“, meinte Wolff nach dem zehnten Sieg Verstappens in Monza. Der Red-Bull-Dominator ätzte zurück: „Sie hatten ein ziemlich beschissenes Rennen, also war er wahrscheinlich immer noch sauer über ihre Leistung.“

Wolff fand seine Aussage im Nachhinein dann nicht „das Intelligenteste“, was er hätte sagen können. Treibstoff hat sie für die Formel 1 dennoch geliefert. (dpa)

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