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Der Frust muss raus. Torhüter Marcel Lotka ärgert sich über Herthas Niederlage in Dortmund am letzten Spieltag der Vorsaison.

© IMAGO/osnapix

Hertha BSC muss wieder bei Borussia Dortmund antreten: Wie einst im Mai beim Saisonfinale

Der VfB Stuttgart empfängt den 1. FC Köln, Hertha BSC muss beim BVB ran. Da werden Erinnerungen an das Finale der Vorsaison wach. Für Hertha sind es keine guten.

Die Spielplaner der Deutschen Fußball-Liga sind im Fußballvolk ähnlich gut gelitten wie Finanzbeamte in der Gesamtbevölkerung. Dabei wird niemand bestreiten, dass es ohne die einen ebenso wenig geht wie ohne die anderen. Trotzdem sind die Spielplaner der DFL im Zweifel für alles Schlechte verantwortlich: dafür, dass die Begegnungen zu früh oder zu spät anfangen und dass sie am falschen Tag (alle außer Samstag) stattfinden, sowieso.

An diesem Wochenende aber ist dem Spielplaner der DFB ein kleines Kunstwerk gelungen, ein echter Schatz für alle Nostalgiker. Am Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) empfängt der VfB Stuttgart den 1. FC Köln, während Hertha BSC am Sonntag (17.30 Uhr, live bei Dazn) bei Borussia Dortmund antreten muss. Da war doch was. Richtig, da war was. Am letzten Spieltag der Vorsaison gab es genau die gleichen Paarungen. Und das Ende war spektakulär.

Wenn es damals um den Titel gegangen wäre und nicht nur um den Klassenerhalt, die Meisterschaft des kleinen Mannes, dann würde man das Saisonfinale 2022 vermutlich in einem Atemzug erwähnen mit der Meisterschaft der Herzen des FC Schalke 04 vom Mai 2001. Spektakulärer geht es kaum. In der zweiten Minute der Nachspielzeit erzielte Wataru Endo den 2:1-Siegtreffer für den VfB und sicherte seiner Mannschaft damit den Klassenerhalt. Hertha hingegen fiel dadurch auf den Relegationsplatz zurück.

„Es ist eine positive Erinnerung“, sagt Bruno Labbadia, der Trainer des VfB Stuttgart, über das furiose Finale der Vorsaison. Und mit Blick auf die anstehende Partie gegen die Kölner: „Es ist gut, dass sich die Bilder im Kopf manifestieren und dass man die wieder hervorholt.“

Für Hertha waren die Bilder alles andere als positiv. Die Mannschaft hatte in der Schlussphase der Saison mehrere Möglichkeiten ausgelassen, den Klassenerhalt vorzeitig perfekt zu machen. Sie war auch vor dem letzten Spieltag noch in der besseren Position, lag drei Punkte vor dem VfB, brauchte also noch einen Punkt, um alle Eventualitäten zu beseitigen. Das einzige Plus der Stuttgarter: Sie hatten die klar bessere Tordifferenz.

Bei Punktgleichheit würde der VfB an den Berlinern vorbeiziehen. Doch dazu war nicht nur Herthas Niederlage notwendig, zugleich musste auch der VfB den 1. FC Köln besiegen. Nach einem solchen Szenario sah es lange nicht aus. Hertha begann in Dortmund beeindruckend forsch. Ishak Belfodil bescherte seiner Mannschaft mit dem Tor zum 1:0 die Führung, die bis Mitte der zweiten Hälfte Bestand hatte.

Die Freude muss raus. Wataru Endo bejubelt sein Tor, das dem VfB Stuttgart den Klassenerhalt sicherte.

© IMAGO/Sven Simon

Selbst der Ausgleich durch einen von Erling Haaland verwandelten Elfmeter hatte für Hertha noch keine dramatischen Konsequenzen. Der VfB hatte gegen den 1. FC Köln ebenfalls das 1:1 kassiert. Doch nach dem Tor zum 2:1 für den BVB durch Youssoufa Moukoko sechs Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit konnte Hertha nur noch auf die Hilfe der Kölner hoffen. Sie mussten in Stuttgart irgendwie das Unentschieden über die Zeit retten. Aber es kam, wie es kommen musste. Endo traf, in Stuttgart bebte das Stadion, und bei Hertha machte sich großer Frust breit.

Marc Kempf, Herthas Innenverteidiger, war noch ahnungslos, als er in Dortmund nach dem Schlusspfiff vom Platz in die Kabine kam. Erst dort erfuhr er vom Stuttgarter Siegtor in der Nachspielzeit und vom Sturz des eigenen Teams auf den Relegationsplatz. „Natürlich war das in dem Moment ein Schlag. Nicht nur für mich, sondern für uns alle“, hat er einmal erzählt.

Beide Klubs sind wieder im Abstiegskampf

Sandro Schwarz, seit dem Sommer Trainer bei Hertha BSC, stand im vergangenen Mai noch bei Dynamo Moskau unter Vertrag. Das Saisonfinale in Deutschland verfolgte er in Russland am Fernseher. Er schaute sich die Konferenz an, „die sehr spektakulär war“, wie er sagt. Sehr spektakulär und sehr schmerzhaft für Hertha BSC.

Am Ende ist alles gut ausgegangen. Die Berliner setzten sich schließlich in der Relegation gegen den Hamburger SV durch. „Bei mir hat es nicht lange gedauert, bis die Stimmung aufkam: Okay, Relegation ist blöd, aber wir haben alles selbst in der Hand“, hat Innenverteidiger Kempf mit einem halben Jahr Abstand über die Niederlage in Dortmund und deren Folgen gesagt. „Bei mir war eher dieses Aufbäumen da und nicht das Komplett-sich-Verkriechen.“

Die Hoffnung aber, dass die Extremerfahrung Relegation, Herthas Mannschaft auch durch die kommende Saison tragen würde, hat sich nicht erfüllt. Vielleicht auch, weil die Mannschaft nicht mehr die gleiche ist, der Trainer auch nicht.

Nach zwei Dritteln der Spielzeit findet sich Hertha erneut im Abstiegskampf wieder. Ebenso wie der VfB Stuttgart, der Rivale vom Mai. Wenn an diesem Wochenende das Revival des Saisonfinales aus dem vergangenen Jahr ansteht, ist die Situation für beide Teams ähnlich.

Wieder liegen die Berliner einen Platz vor den Stuttgartern, diesmal allerdings nur mit einem Punkt Vorsprung. Wieder könnte der VfB an Hertha vorbeiziehen, der dann auf einen direkten Abstiegsplatz zurückfiele.

Nur von einem späten Tor der Stuttgarter kann die Mannschaft diesmal nicht überrumpelt werden. Die Berliner haben alles in der eigenen Hand. Ihr Spiel in Dortmund beginnt erst 24 Stunden nach dem Abpfiff der Begegnung in Stuttgart.

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