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Vater und Sohn des Erfolgs: Trainer Jos Luhukay und Ronny mit dem Zweitliga-Meistertitel.

© dpa

Berlin wieder in der Bundesliga: Hertha feiert erstklassig

Hertha BSC feiert nach dem 1:1 gegen Cottbus im Olympiastadion die Zweitligameisterschaft und den Rekord als erfolgreichste Mannschaft der Zweitligageschichte. "Es gibt nicht genügend Lob für meine Mannschaft", sagt Aufstiegstrainer Luhukay.

Es war ein dreister Überfall. Die Täter kamen zu zweit und von hinten, das Opfer hatte keine Chance, leistete aber auch keinerlei Widerstand. Peer Kluge und Peter Niemeyer packten beherzt zu und wanden ihrem Trainer Jos Luhukay, der gerade von einem Fernsehinterview abgelenkt war, die Meisterschale aus der Hand. Die Trophäe für den neuen Zweitliga-Meister Hertha BSC wanderte an diesem Tag durch viele Hände, selbst die Fans in der Ostkurve durften mit ihr die Welle machen, doch wenn es unter den 63.267 Fans im Olympiastadion eine repräsentative Umfrage gegeben hätte, wem das gute Stück am ehesten zugestanden hätte: Luhukay hätte wohl die absolute Mehrheit erhalten.

Als nach Herthas 1:1 (0:1) im letzten Saisonspiel gegen Energie Cottbus alle Spieler einzeln auf das Meisterpodium gerufen wurden, nahm bei zweien die Lautstärke merklich zu: bei Herthas bestem Torschützen Ronny und bei Fabian Lustenberger, dem Chef der Berliner Defensive. Bei der Ankündigung des Trainers aber schwoll die Kulisse derart an, dass Luhukays Name im Lärm kaum noch zu hören war. Der Holländer selbst mag solche Situationen gar nicht besonders. „Innerlich bin ich ein unglaublich fröhlicher Mensch“, sagte er. „Aber ich bin nicht der Typ, der das so ausstrahlt.“

Im Grunde hätte Luhukay die Bühne am liebsten den Spielern überlassen, erst recht nach der finalen Energieleistung einer überragenden Saison, die Hertha BSC mit neun Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten Braunschweig beendete. „Es gibt nicht genügend Lob für meine Mannschaft“, sagte der Aufstiegstrainer. Hertha hatte sich für den letzten Akt noch einmal eine Menge vorgenommen, doch bis kurz vor Schluss sah es nicht nach einem glücklichen Ende aus. Im Gegenteil: Hertha drohte gegen die unbequemen Cottbuser die erste Heimniederlage dieser Saison.

Doch die Mannschaft wehrte sich ein letztes Mal gegen alle Widerstände. Die komplette zweite Halbzeit hatte Hertha in Unterzahl spielen müssen, weil Maik Franz unmittelbar vor der Pause wegen einer Notbremse gegen Nicolas Farina die Rote Karte gesehen hatte. „Für mich ist es ein bisschen blöd gelaufen“, sagte der Innenverteidiger. „Jetzt bin ich ein bisschen der Dumme.“ Franz erzählte, dass er zu diesem verbotenen Mittel habe greifen müssen, um das wahrscheinliche 0:2 und damit die ebenso wahrscheinliche Niederlage zu verhindern. Immerhin ging es für Hertha noch um den historischen Punkterekord der Zweiten Liga. „So habe ich mich geopfert“, sagte der Rotsünder.

Immerhin, sein Opfer wurde belohnt. Die Berliner holten „den einen wichtigen Punkt für die Vereinsgeschichte“, wie Luhukay sich ausdrückte. Mit 76 Zählern ist Hertha nun ganz alleine vor Hannover 96 (75 Punkte) die erfolgreichste Mannschaft der Zweitligageschichte. Gegen Ende der Partie mobilisierten die Berliner noch die letzten verbliebenen Kräfte. Hertha kam zu einigen guten Chancen, doch erst fünf Minuten vor Schluss wurde der Eifer belohnt. Nach einer Flanke von Rechtsverteidiger Marcel Ndjeng köpfte John-Anthony Brooks den Ball zum 1:1 ins Tor. Für den 20-Jährigen war es der erste Treffer als Profi überhaupt. Der Innenverteidiger, eine der großen Entdeckungen dieser Saison und eine der großen Hoffnungen für die Zukunft, schien gar nicht zu wissen, wohin mit seinen Emotionen. Sein Weg führte ihn Richtung Ausgang zum Kabinentrakt, wo er von den Spielern gestellt wurde, die nicht im Kader standen. Erster Gratulant war ausgerechnet Alfredo Morales. Zwei Tage vor dem Spiel hatte er seinen Abschied von Hertha bekannt gegeben, bei der Siegerehrung wurde er mit Pfiffen bedacht.

Es war nur ein leiser Misston an einem emotionalen Nachmittag, an dem die Mannschaft noch einmal ihren Zusammenhalt demonstrierte. Anstelle von Thomas Kraft stand Sascha Burchert im Tor. Die Initiative war von Herthas Stammtorhüter ausgegangen, zwei Tage vor dem Spiel unterrichtete er seinen Ersatzmann von dieser Idee. „Das hat er sich verdient“, sagte Kraft. „Ich habe es ihm von Herzen gegönnt.“ Das Gleiche gilt für Peter Niemeyer, der nach seiner Gehirnerschütterung erstmals wieder auf dem Feld stand. Zehn Minuten vor Schluss wurde er von Luhukay eingewechselt, und mit seiner ersten Ballberührung hätte er beinahe den Ausgleich erzielt. Doch auch so war Niemeyer ein glücklicher Mensch. „Das war das I-Tüpfelchen auf eine überragende Saison“, sagte er. „Ich bin dem Trainer unendlich dankbar.“

Das galt im Übrigen auch umgekehrt. Dafür, dass Niemeyer, im Verbund mit Peer Kluge, dem Trainer die Meisterschale entwendet hatte. „Die ist ganz schön schwer“, sagte Luhukay. „Das ist nicht einfach, die Schale ein paar Minuten mit einer Hand zu halten.“

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