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Sport: Hertha findet keinen Weg nach Berlin

Warum der Bundesligist im DFB-Pokal auf dem Weg zum Endspiel wieder einmal an einem unterklassigen Gegner gescheitert ist

Es war ein Scheitern ohne einen Hauch von Charme. Herthas Mittelfeldspieler Pal Dardai stand nach einem am Ende einseitigen Pokalabend in den Katakomben des betagten Wuppertaler Stadions am Zoo und wusste nicht so recht, was gerade passiert war. „Dazu kannst du nichts sagen, es ist schwierig zu erklären“, sagte der Ungar. Sein Mannschaftskapitän Arne Friedrich fand immerhin noch zu einer knappen wie treffenden Teilanalyse des Zurückliegenden: „Wir waren zu langsam und haben zu umständlich gespielt.“ Als Hauptdarsteller waren die Bundesligaprofis von Hertha BSC beim Regionalligisten Wuppertaler SV angetreten, 90 Spielminuten später waren sie nur noch traurige Nebendarsteller. 0:2 verloren, schon in der zweiten Runde des DFB-Pokals, das Endspiel im Berliner Olympiastadion findet wieder einmal ohne Berliner Beteiligung statt.

Warum Hertha das Spiel verloren hatte, ist recht einfach zu erklären: Die Berliner konnten die Ausfälle von Marko Pantelic und Gilberto nicht kompensieren und waren nicht fähig die Rolle, die sie als Bundesligist hätten einnehmen müssen, zu spielen. Im Regelfall ist es so, dass sich der hoch motivierte Außenseiter zunächst ein wenig austoben darf und der Favorit dann nach dieser Phase zuschlägt. In Wuppertal war es genau andersrum: Der Bundesligist durfte erst ein bisschen spielen, bevor dann der Regionalligist in der zweiten Halbzeit den nervösen Favoriten ohne größere Schwierigkeiten demontierte. Nach der Roten Karte gegen Josip Simunic kam der Wuppertaler SV zu verdienten Toren durch Sven Lintjens und Tim Jerat.

Dieter Hoeneß war in seiner Spielanalyse recht eindeutig. „Wir haben die klaren Chancen nicht genutzt, die Nerven verloren und katastrophale Fehler gemacht“, sagte Herthas Manager. Doch den Grund dafür zu finden, dass Hertha immer wieder im DFB-Pokal bei unterklassigen Gegnern scheitert, ist dann wohl schon ein wenig komplexer. Kiel (2002), Braunschweig (2004), St. Pauli (2005): Das sind die Stationen, wo Hertha zuletzt bei Regionalligisten ausschied. Vor dem Spiel am Dienstag glaubten die Berliner ihren Regionalligisten-Komplex allerdings schon bezwungen zu haben. Die jüngere Statistik sprach dafür: Viermal in Folge hatten sie zuletzt im DFB-Pokal bei drittklassigen Gegnern gewonnen: Mal überlegen, wie etwa im vergangenen Dezember beim 3:0-Achtelfinalerfolg in Osnabrück oder auch mal glücklich, wie diesmal in der ersten Runde beim 3:0 in Unterhaching – trotzdem klang auch das vom Ergebnis her souverän.

Für manchen im Klub war angesichts dieser vermeintlichen Souveränität vielleicht auch schon zu klar, dass Hertha im Pokal zu Höherem berufen ist: Prämien sollte es erst beim Halbfinaleinzug geben, hatte Dieter Hoeneß verlautbart. Seit Dienstag kann er sich über andere Dinge Gedanken machen. „Jetzt müssen wir wieder ein Jahr warten“, sagte der Manager. Vielleicht sollte Hertha aber nicht geistig ein Jahr warten, denn die Fehler sind vor dem Spiel in Wuppertal passiert: Vor allem war es wohl so, dass sich die Herthaner ihrer Sache zu sicher waren – auch wenn Trainer Lucien Favre gesagt hatte: „Die Unterschiede zwischen erster, zweiter und dritter Liga sind in Deutschland nicht so groß.“

Tatsächlich ist der sportliche Abstand zwischen Bundesliga und Regionalliga nicht so groß, wenn die höherklassige Mannschaft bestimmte Dinge nicht beherrscht. Die Berliner haben zurzeit eben nicht ein Team, das ein Spiel von der ersten bis zur letzten Minute dominieren kann, und so muss auch Pal Dardais größter Wunsch in seiner Zeit als Profi bei Hertha BSC wieder auf die kommende Saison verschoben werden. Einmal will der Ungar unbedingt noch das Pokalfinale in Berlin erreichen, „weil bei diesen Spielen die Stimmung einmalig ist“. Vielleicht sehnt auch Hertha das schönste Heimspiel der jüngeren Klubgeschichte zu sehr herbei, so dass auf dem Weg zum Ziel die Etappen dahin unterschätzt werden. Das war in dieser Saison einmal mehr der Fall und auch deshalb endete Herthas Traum vom ersten Endspiel der Profimannschaft seit 1979 am Dienstag auf der Stadionbaustelle am Wuppertaler Zoo.

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