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Sport: Hertha wird in Barcelona vorgeführt, doch Manager und Trainer sprechen von einer grandiosen Leistung

Am Ende verneigte sich Gabor Kiraly vor den Hertha-Fans. Und die verneigten sich vor ihm, verbal jedenfalls.

Am Ende verneigte sich Gabor Kiraly vor den Hertha-Fans. Und die verneigten sich vor ihm, verbal jedenfalls. Der Filmregisseur Volker Schlöndorff saß unter den Fans, ganz oben, im Stadion Nou Camp in Barelona, beim Champions-League-Spiel FC Barcelona gegen Hertha BSC. Er dreht gerade einen Film über Hertha und bekam mit, wie die Fans den Berliner Torhüter feierten, "die waren ganz glücklich, dass Sie zu denen in die Kurve gekommen sind". Das sagte er später Kiraly, und der lächelte nur. Es war sein Abend, aber als einer ihm erzählte "Super-Leistung", da nickte er bloß.

Es gab keinen Helden an diesem Abend, aber es gab einen überragenden Spieler. Gabor Kiraly. "Er hat eine skandalöse Torflut gegen Hertha verhindert", schrieb "Sport Barcelona". Auf 14 (!) Seiten kommentierte das Blatt gestern dieses Spiel, und der Ungar wurde als einziger mit einer Acht benotet. Zehn ist das Höchste. Im Presseraum gab Herthas Manager nach dem Spiel zu, was keiner bisher öffentlich sagen wollte: "Es war auch nach Gabors Verletzung klar, dass er die Nummer eins bleibt. Und er hat gezeigt, dass er eine glänzende Nummer eins ist", sagte Dieter Hoeneß.

Das war es also. 1:3 in Barelona, die Champions League ist für Hertha BSC endgültig vorbei, auch rechnerisch. Das Spiel gegen Porto am Dienstag ist nur noch schöner, unbedeutender Abgang. Nur bei einem Sieg hätte noch eine Chance auf den Viertelfinal-Einzug bestanden. Aber weil das Aus gegen den FC Barcelona kam, wurde die 1:3-Niederlage zum grandiosen Auftritt verklärt. "Wir haben gegen die technisch beste Vereinsmannschaft der Welt verloren", sagte Hoeneß. "Hertha hat sich phantastisch präsentiert und hervorragend verkauft." Kritiker stuften das als blühenden Unsinn ein, Wohlwollende als maßlos übertrieben. Ein Spiel mit grob gezeichneten Rollen. Hier das Star-Ensemble, überragend, dort die Außenseiter, kleine Würstchen, geadelt, wenn sie nicht 1:7 untergehen.

Ein unnötiges Rollenspiel, weil Hertha nichts mehr zu verlieren hatte. Hatte denn irgendjemand erwartet, dass Hertha auswärts den FC Barcelona unter Druck setzen könnte? Wenn Wosz erst mal geschont wird und Deisler erst gar nicht dabei ist? "Rivaldo, Figo und Kluivert sind so gut, die brauchen die anderen doch gar nicht, um eine Mannshaft zu beherrschen", sagt Michael Hartmann. "Die sind unwahrscheinlich ballsicher. Außerdem hatte man immer das Gefühl, dass die noch einen Gang zulegen können." Das 1:0 für Hertha von Alves fiel auch nur, weil der FC Barcelona seinen Gegner erst mal nicht richtig ernst nahm.

Herta spielte in der ersten Halbzeit ordentlich, was schlicht bedeutet, dass die Fehlerquote überschaubar war. Aber dann kam die zweite Halbzeit, und damit wird die ganze Sache unbefriedigend aus Hertha-Sicht. Als Barcelona den Ball führte, kombinierten die Tops-Stars, dass Manager Hoeneß große Augen bekam. "Da fordert jeder sofort den Ball, da kommt der Ball auch dann zum Mitspieler, wenn er hinkommen muss." Bei Hertha landete der Ball im Nichts oder beim Gegner, es gab reihenweise technische Fehler und Mängel im Spielaufbau. Die Abteilung Biedermann auf Dienstreise zum Künstler-Ensemble. Dick van Burik, eigentlich Leistungsträger, fiel nach seinem katastrophalen Fehlern nur noch ein, "dass ich bestimmt unglücklich gespielt habe". Hendrik Herzog, durch Vertragsverhandlungen verunsichert und gegen Kluivert beweglich wie ein Monolith und verschanzte sich später hinter einer verbitterten Miene. "Jeder, der genügend Sensibilität besitzt, hat die Spielfreude gesehen, die Hertha ausgestrahlt hat", behauptete Hertha-Präsident Müller beim Bankett mit nicht hoch genug einzuschätzendem Mut. Die Hyper-Sensibilität, die dafür allerdings nötig ist, ist schon wieder ein Fall für den Psychologen. "Man darf nicht vergessen, dass wir unsere Gegentore durch drei individuelle Fehler erhalten haben", gab Jürgen Röber, der Trainer, später zu. "Wir haben uns aber insgesamt gesehen sehr gut verkauft."

Es ging um nichts mehr für Hertha, für Barcelona auch nicht, die Mannschaft konnte eigentlich befreit aufspielen, trotzdem unterliefen solche Mängel. Kleine Hinweise darauf, dass die spielerische Krise wohl noch ein Weilchen andauern wird.

Alex Alves nahm das Ganze wohl auch nicht mehr sonderlich ernst. Er tauschte in der Pause sein Trikot mit Rivaldo. Ein Freundschaftsdienst. Andreas Neuendorf wollte unbedingt ein Trikot des brasilianischen Superstars. Kein Problem, sagte Alves, Rivaldo und er haben in Brasilien mal zusammengespielt. Nach der Pause kamen beide mit neuen Trikots zurück, und Neuendorf war glücklich. Ganz anders als sein Kapitän, dem der Auftritt in Barcelona eine Spur zu locker geraten war. "Ich bin doch hier nicht zu einem Freundschaftsspiel gekommen. Trikots tauschen kann man am Ende", knurrte Michael Preetz.

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