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Spritzige Sache. Siege gegen Bayern wie der 1997 gefallen Otto Rehhagel immer.

© dpa

Interview mit Bayern-Bezwinger Harry Koch: "Otto Rehhagel ist unersättlich"

Harry Koch spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über Außenseitersiege gegen die Bayern, seinen früheren Trainer Otto Rehhagel und dessen besondere Fähigkeiten.

Herr Koch, Sie haben 1997 am ersten Spieltag mit dem 1. FC Kaiserslautern die Bayern geschlagen. Wie macht man das?

Sich was zutrauen, aggressiv spielen und hoch konzentriert sein. So geht’s. Und einen Fehler darf man gegen Bayern nie machen: Angst haben. Die hatten wir damals nicht. Wir sind dahin gefahren und wollten natürlich gewinnen.

Sie waren Aufsteiger.

Natürlich war die Ausgangslage ganz unterschiedlich: auf der einen Seite der Meisterschaftsfavorit, auf der anderen der Aufsteiger. Aber gegen Bayern hast du sowieso nichts zu verlieren. Otto Rehhagel hat immer gesagt: Wenn du gegen Bayern Angst hast, bleib lieber zu Hause! Die Angst hatten wir nicht. Mussten wir auch nicht: Wir hatten eine gute Mannschaft, und die Bayern waren fast ein bisschen geschockt, weil selten jemand so gegen sie auftritt, wie wir das getan haben. So nahm das Spiel dann seinen Lauf.

Am Samstag spielt Rehhagel mit Hertha gegen die Bayern. Die Mannschaft ist klarer Außenseiter. Sehen Sie da Parallelen?

Hertha hat jetzt einen erfahrenen Trainer, der weiß, wie er die Spieler anzupacken hat. Und vielleicht fahren die Bayern ja nach Berlin und denken: Okay, das Spiel nehmen wir so mit. Nur wenn sie nicht hoch konzentriert sind, kannst du die Bayern schlagen.

Otto Rehhagel hat bei Ihrem Sieg über Bayern eine wichtige Rolle gespielt: Er war dort ein Jahr zuvor unehrenhaft entlassen worden. Hat er das vor dem Spiel thematisiert?

Nein, das ist nie zur Sprache gekommen. Aber jeder wusste natürlich, dass ihm die Zeit bei den Bayern zugesetzt hatte. Den Sieg hat er jedenfalls richtig genossen. Ich weiß noch, wie er vor Freude seine Trinkflasche weggeworfen hat, wie er rumgesprungen ist, über die Bande zu den Fans. Das war eine große Genugtuung für ihn.

Rache ist süß.

Für ihn war es keine Rache. Er wollte nur zeigen, dass er ein guter Trainer ist und auch mit einer gestandenen Mannschaft umgehen kann. Das hatte man ja in München an ihm bemängelt: dass er mit Stars nicht zurechtkommt.

Was Rehhagel als Trainer so stark macht

War es für die Spieler eine Zusatzmotivation, dem Trainer einen Gefallen zu tun?

Vielleicht hatten wir es im Hinterkopf. Aber wir hätten auch so gewinnen wollen.

Sie sind damals als Aufsteiger Meister geworden. War der Auftaktsieg gegen die Bayern so etwas wie die Initialzündung?

Ja, wir haben uns vom ersten Spieltag an in eine Serie gespielt. Irgendwann haben das selbst die Bayern mitbekommen. Da kamen dann die verbalen Attacken aus München, die uns aus der Ruhe bringen sollten. Man kennt das ja. Aber wir wussten von diesem Moment an: Wenn wir weiter an uns glauben, kann uns nichts bremsen.

Harry Koch, 42, hat acht Jahre für den 1. FC Kaiserslautern gespielt, darunter vier unter dem Trainer Otto Rehhagel. Mit ihm gewannen die Pfälzer 1998 als Aufsteiger den Meistertitel.

© IMAGO

Könnte ein Sieg gegen die Bayern auch Hertha im Abstiegskampf beflügeln?

Auf jeden Fall. Wenn du gegen Bayern gewinnst, bekommst du neuen Auftrieb. Das ist wie eine Befreiung, du bist in den Medien wieder da, kriegst auch was Positives mit. Der nächste Gegner hat dann automatisch mehr Respekt vor dir. Ich kann noch einen typischen Satz von Otto Rehhagel zitieren: „Für Siege gibt es keinen Ersatz.“ (Lacht) Den wird er auf jeden Fall in der Besprechung vor dem Spiel bringen. Da bin ich mir hundertprozentig sicher.

Wenn Sie Rehhagel jetzt in Berlin erleben: Erkennen Sie noch vieles an ihm wieder?

Wenn er auf seinem kleinen Finger pfeift … Er hat sich nicht verändert, er ist immer noch emotional dabei.

War Ihnen klar, dass er noch einmal in die Bundesliga zurückkehrt?

Ehrlich gesagt, nein. Aber ich hätte auch nie damit gerechnet, dass er Trainer in Griechenland wird. Er ist ja eher der heimische Typ. Aber der Erfolg hat ihm Recht gegeben. Ich hätte gedacht, er macht noch zwei Jahre in Griechenland weiter und setzt sich dann zur Ruhe. Aber er ist unersättlich, er gibt nie auf. Als Otto das Angebot von Hertha bekommen hat, ist sein Herz mit Sicherheit höher geschlagen.

Rehhagel hat fast überall erfolgreich gearbeitet. Was macht ihn als Trainer so stark?

Er versteht es sehr gut, den Einzelnen zu motivieren, weil er jedem Spieler das Gefühl gibt, er ist ganz wichtig für die Mannschaft. Otto besitzt da ein unglaubliches Feingefühl. Er weiß, wie er die Spieler zu packen hat, wie er sie aus der Reserve locken kann.

Wie macht er das?

Wir hatten damals bei Lautern viele Nationalspieler, die schon im gehobenen Fußballeralter waren. Aber Otto wusste genau, wie er Leute wie Andi Brehme, Miroslav Kadlec, Pavel Kuka noch motivieren kann. Er hat das nicht mit Geld gemacht, er hat gesagt: „Jungs, passt auf, wenn ihr am Wochenende gewinnt, bekommt ihr zwei Tage frei.“ Da wusste jeder von uns: Arsch aufreißen, Spiel gewinnen – sonst kriegst du Probleme mit den Älteren.

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