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Sport: Italien - Niederlande: Ausgerechnet Merk! -Die Holländer stöhnen über den Mann, der heute ihr Spiel leitet

Ausgerechnet Merk, stöhnen die Niederländer. Markus Merk, der heute das Halbfinale zwischen Italien und den Niederlanden leitet, hat ihnen wenig Glück gebracht.

Ausgerechnet Merk, stöhnen die Niederländer. Markus Merk, der heute das Halbfinale zwischen Italien und den Niederlanden leitet, hat ihnen wenig Glück gebracht. Denn von den bisherigen 14 italienisch-niederländischen Länderspiel- und Europacup-Begegnungen gewannen die "Oranje"-Teams nur drei. Der 38-jährige Zahnarzt sieht möglichen Missfallenskundgebungen in der AmsterdamArenA gelassenen entgegen und freut sich auf den "Hexenkessel. Ich liebe die Arena und die Atmosphäre, und mir ist es egal, ob Blau gegen Orange oder Grün gegen Weiß spielen. Ich will die Mission EM 2000 gut zu Ende bringen und versuchen, nach dem Ausscheiden unserer Mannschaft die deutschen Farben würdig zu vertreten", sagte Merk vor seinem dritten EM-Einsatz.

Durch den vorzeitigen EM-K.o. der deutschen Fußballer kommt Merk zu der "großen Berufung", als Deutscher in der entscheidenden Phase eines großen Turniers zum Einsatz zu kommen. Die Chance, das jämmerliche Bild des deutschen Fußballs zu korrigieren, will Merk nutzen und dazu beitragen, "dass den Verantwortlichen bewusst wird, welchen Stellenwert der deutsche Fußball in der Welt hat". Nach seinem EM-Debüt im Eröffnungsspiel zwischen Belgien und Schweden wurde er in den höchsten Tönen gelobt, und auch die Vorrunden-Partie zwischen Spanien und Slowenien brachte er souverän über die Bühne. Rudi Glöckner aus Leipzig war vor 28 Jahren der letzte deutsche Unparteiische in der Runde der letzten Vier. Bei der Europameisterschaft 1972 in Belgien leitete er das Halbfinale zwischen der damaligen Sowjetunion und Ungarn (1:0).

Die offensive Öffentlichkeitsarbeit der Europäischen Fußball-Union (Uefa) hat bewirkt, dass nun auch die Schiedsrichter Stars werden können. Man stehe durch das große Medienaufkommen natürlich mehr im Blickpunkt als früher, so Merk, "wir verschließen uns nicht mehr, sind offen nach außen. Aber es geht hier nicht darum, dass wir uns als Stars produzieren." Solange es noch Spaß macht, will der Hobby-Triathlet seiner "großen Leidenschaft" treu bleiben. Merk pfiff sein erstes Spiel 1988, im April 1992 gab der FIFA-Schiedsrichter beim "U 21"-Länderspiel zwischen Belgien und Zypern in Mechelen sein internationales Debüt.

Wenn auch seine Frau Birgit und der neun Monate alte Sohn Benedikt zu kurz kommen, Merk genießt den "Doppelpass" zwischen Hauptberuf und Nebenjob. Der permanent diskutierte Profi-Schiedsrichter ist für ihn kein Thema, "auch wenn es vielleicht einen Versuch wert wäre, wenn das Finanzielle und die soziale Absicherung stimmen". Merk, der bei der EM 6000 Schweizer Franken plus 250 Franken Spesen pro Tag erhält, teilt sich die Arbeit in der Zahnarztpraxis, die er neun Jahe alleine führte, seit dem 1. Mai mit einer Kollegin.

Schon am Montag, einen Tag nach dem Finale, greift er um sieben Uhr morgens wieder zum Bohrer. "Fußball spielt in der Praxis eine große Rolle. Die Patienten machen den Mund auf, und ich erzähle ihnen was", so Merk, der seine wenige Freizeit einem Kinderdorf in Indien widmet, das er mit seiner Frau aufgebaut hat. Dort spielt er mit den Kindern Fußball und hilft ihnen beim Lernen. Wie die meisten Fußballer, so hat auch Merk seine Macken. Bei der Platzbesichtigung geht er immer "rechts herum", und am Spieltag lässt er die morgendliche Rasur ausfallen. Mit der Mode geht er auch. Seitdem ihm junge Kollegen geraten haben, ein farblich auf die Schiedsrichter-Kluft angepasstes Werkzeug sei "trendy", hat Merk grüne, blaue, gelbe und graue Pfeifen dabei.

Bei der EM fühlt er sich sichtlich wohl. "Wir Schiedsrichter sind drei Wochen lang im gemeinsamen Hotel untergebracht, das erhöht den Zusammenhalt. Wir sind uns näher gekommen. Jetzt fiebert man mit, dass einem Kollegen das Spiel nicht aus dem Ruder läuft."

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