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Sport: Jörg Hoffmann: Es hat keinen Zweck - Das Ende einer Schwimmkarriere

Der begnadete Kämpfer Jörg Hoffmann steht vor einem traurigen Abschluss seiner großartigen Schwimmer-Karriere. Nach dem bitteren Ende aller Träume von seiner vierten Teilnahme an Olympischen Spielen scheint der Rücktritt des 30 Jahre alten ehemaligen Weltrekordlers nur noch eine Frage der Zeit.

Der begnadete Kämpfer Jörg Hoffmann steht vor einem traurigen Abschluss seiner großartigen Schwimmer-Karriere. Nach dem bitteren Ende aller Träume von seiner vierten Teilnahme an Olympischen Spielen scheint der Rücktritt des 30 Jahre alten ehemaligen Weltrekordlers nur noch eine Frage der Zeit. "Darüber will ich nochmal in Ruhe nachdenken. Jetzt und hier entscheide ich nicht", sagte der Doppel-Weltmeister von 1991 in Helsinki niedergeschlagen, nachdem er bei der Europameisterschaft in Helsinki über 400 und 1500 Meter kläglich an der Norm für Sydney gescheitert war.

Unmittelbar nach dem Desaster über die lange Distanz gab Hoffmann seinen Verzicht auf das Finale bekannt. "Es hat keinen Zweck mehr. Das muss ich mir nicht auch noch antun", klagte der Bronzemedaillengewinner von Barcelona 1992. Eine Erklärung für seinen Leistungseinbruch hat er nicht: "Die Vorbereitung lief gut, ich verstehe das nicht." Der 1,97 Meter lange Modellathlet schlich nach diesen Worten niedergeschlagen aus der Halle. Eine Blutuntersuchung, die demnächst bei ihm vorgenommen wird, soll Aufschluss über mögliche Ursachen für sein enttäuschendes Abschneiden bei der Europameisterschaft geben.

Im März hatte Hoffmann in Athen als Kurzbahn-Weltmeister über 1500 Meter seinen letzten großen Erfolg gefeiert und sich in der Sydney-Vorbereitung voll bestätigt gefühlt. Nachdem der Potsdamer bei der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2000 in Berlin Mitte Juni die Normen knapp verpasst hatte, suchte er in Helsinki seine letzte Chance, sich doch noch zu qualifizieren.

Weil Hoffmann ein Kämpfertyp ist, versuchte er in Helsinki noch einmal alles. Über 1500 Meter war der viermalige Europameister bei der 400-Meter-Zwischenzeitnahme (3:59,49 Minuten) zwei Sekunden schneller als bei seinem kläglichen Vorlauf-Aus über 400 Meter Freistil am Montag. Damit war allerdings sein Einbruch auf den nächsten 1100 Metern programmiert. Am Ende blieb er in 15:28,21 Minuten neun Sekunden über der geforderten Zeit. Dennoch hätte er als Achtschnellster im Finale am Freitag starten dürfen. Dazu hatte Hoffmann keine Lust mehr.

Trotzdem lässt Hoffmann, der auf einem Hausboot lebt, seine Berufung als künftiger Forstwirt sieht und in keine der üblichen Schablonen passt, den Rücktritt offen. "Da will ich in Ruhe drüber nachdenken", sagte er nur wenige Minuten nach dem resignativen Rückzug von der Europameisterschaft. Offenbar reizt ihn der Kampf gegen die Meter im Becken noch immer. Schon nach der Europameisterschaft 1997 in Sevilla wollte er kürzer treten - zumindest im Wasser. Diese unendlichen 30 Bahnen bis zum Zielanschlag nach 1,5 Kilometer nervten ihn, auch der Kampf, im jeden Tag Training den inneren Schweinehund neu überwinden zu müssen.

Dass sich Jörg Hoffmann neun Jahre nach dem legendären 1500-Meter-Weltrekordrennen gegen den Australier Kieren Perkins bei der Weltmeisterschaft in Perth noch einmal zum Weitermachen aufrafft, scheint trotz des Debakels von Helsinki nicht ausgeschlossen. Denn den Abschied hat sich der Schwimmer, der ein Produkt des DDR-Sports war und im Laufe einer 17-jährigen Karriere insgesamt 50 000 Kilometer im Wasser zurückgelegt hat, vermutlich ganz anders vorgestellt.

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