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Kanu-EM: Staffelrennen per Kanu

Der europäische Verband die 4-x-200-Meter-Staffel bei der Kanu-EM ins Programm aufgenommen; in Brandenburg an der Havel geht es ab heute um Medaillen.

Berlin – Sie klatschen sich natürlich nicht ab. Obwohl das bestimmt schöne Bilder gäbe. Einer patscht aufs Boot des anderen, der wackelt heftig und sticht gleichzeitig mit aller Kraft die Paddel ins Wasser. Aber so funktioniert der Wechsel bei einer Kanu-Staffel nicht. Erst wenn einer nach 200 Metern eine imaginäre Ziellinie überquert, senkt ein Kampfrichter eine Art Startschuh, der das Boot des Teamkollegen fixiert. Sieht immer noch nett aus, und darauf kommt es an. Die Zuschauer an der Strecke, die TV-Konsumenten, sie sollen unterhalten werden.

Deshalb hat der europäische Verband die 4-x-200-Meter-Staffel bei der Kanu- EM ins Programm aufgenommen; in Brandenburg an der Havel geht es ab heute um Medaillen. Aber für Leute wie Jens Kahl geht es um viel mehr, um die Attraktivität ihrer Sportart. Kahl ist Sportdirektor des Deutschen Kanuverbands, und er stöhnt: „Wir werden als Randsportart getrieben.“ Sie sollen attraktiver werden, spannendere Disziplinen einführen; so verlangt es das Fernsehen, vor allem aber das Internationale Olympische Komitee (IOC).

Das IOC will mehr Frauen ansprechen und bei Olympia mehr Spannung auf der Strecke. Gleichzeitig aber darf die Gesamtzahl der Kanuten bei Olympischen Spielen eine Grenzmarke nicht überschreiten. „Doch es ist nicht so einfach, neue, attraktive Disziplinen zu gestalten“, sagt Kahl; er sitzt auch in der Technischen Kommission des Europäischen Verbands.

Und der Versuch, die EM spannender zu gestalten, ist zugleich ein Beispiel dafür, was dabei alles schiefgehen kann. Schon beim Verbandskongress im Februar 2007 haben sich die Funktionäre Reformen überlegt. Vorschläge kursierten, alle 500-Meter-Strecken und alle Vierer-Boote sollten gekippt werden. Zündend war keine Idee, dafür präsentierte der Chef der Technischen Kommission, ein Ungar, einen Vorschlag. Ein Mischmasch aus allem, so zusammengestellt, „dass er den Stärken der Ungarn am besten entgegenkam“ (Kahl). Die Delegierten lehnten ab, Kahl erarbeitete über Nacht einen neuen Vorschlag: Die Staffel war kompromissfähig.

Doch jetzt ist Kahl „unzufrieden“, denn die Staffeln „werden nie ins olympische Programm übernommen“. Dazu benötigte man zu viele Sportler, das Gesamtkontingent an Athleten wäre damit gesprengt. Kahl hätte schon ein paar andere Ideen: Eine Mischung aus Sprint- und Langstrecken-Rennen zum Beispiel. Erst wird ein 200-Meter-Rennen absolviert, dann eine Langstrecke, bei der entsprechend dem Zieleinlauf im Sprint gestartet wird. So wie im Verfolgungsrennen in der Boomsportart Biathlon.

Wenigstens haben sie auch die 200-Meter-Strecken im EM-Programm. „Das Fernsehen wollte unbedingt die 200 Meter, egal in welcher Form“, sagt Kahl. Kleiner Schönheitsfehler: Die 200 Meter sind nicht olympisch.

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