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Sport: Kaum ein Platz für Tennis

Der deutsche Davis-Cup-Gegner Südafrika kämpft im eigenen Land mit strukturellen Problemen

Die ersten Schritte waren Izak van der Merwe nicht ganz geheuer. Als der 26-jährige Hüne am Montag den roten Aschenboden am Stuttgarter Weissenhof betrat, wirkte er wie ein Kind, das sich zum ersten Mal auf den zugefrorenen See wagt. Vorsichtig testete der Südafrikaner den seltsamen, rutschigen Untergrund. Seit fünf Jahren ist van der Merwe Tennisprofi, doch auf einem Sandplatz hat er noch nie gespielt. In seiner Heimat gibt es keinen einzigen.

Der britischen Tradition folgend werden in Südafrika nur Hartplätze und Rasen-Courts angelegt. „Ich spiele auch fast nie in Europa. Für mich ist das hier wie ein Abenteuer“, sagt die Nummer 159 der Welt. Die Mission, zu der er sich mit der südafrikanischen Davis-Cup-Mannschaft an diesem Wochenende aufgemacht hatte, wirkte ähnlich abenteuerlich. Südafrika war in der Relegation um den Verbleib in der Weltgruppe gegen Deutschland krasser Außenseiter. Und seit Samstagabend steht auch fest, dass der Außenseiter gegen Deutschland verlieren wird (siehe Kasten).

Dennoch waren die Südafrikaner nicht als Tennis-Touristen angereist. Für sie ging es auch um ihre eigene Zukunft. „Wir müssen unsere Landsleute wieder vom Tennis begeistern“, sagt John-Laffnie de Jager, Kapitän der südafrikanischen Mannschaft. Vor einem Jahrzehnt zählte der heute 37-Jährige zu den besten Doppelspielern der Welt. Doch während er, ebenso wie Wayne Ferreira und Amanda Coetzer im Einzel, weltweit große Erfolge feierte, begann in Südafrika der Abstieg des Tennissports.

Dabei hatte Südafrika 1974 den Davis Cup gewonnen, der für lange Zeit einzige internationale Titel des Landes. Doch die Umstände des Triumphs waren wenig rühmlich. Indien trat damals aus Protest gegen die Apartheidpolitik der Afrikaner gar nicht erst zum Finale an. Weil dem „Sport der Weißen“ mit dem Ende der Apartheid 1994 schrittweise die Fördermittel gekürzt wurden, kann De Jager die Aktiven nicht zu Turnieren begleiten: „Unsere Spieler sind ganz auf sich gestellt.“ Wer als Südafrikaner eine Karriere anstrebt, muss den Weg zu einem College in den USA suchen. So wie Wesley Moodie, der es im Doppel zum Wimbledon-Sieg vor fünf Jahren schaffte. „Das Problem früher war, dass viele Sportveranstaltungen in Südafrika stattfanden, die Tennisspieler aber fast immer im Ausland antraten“, sagt Rik de Voest, der am Freitag Philipp Kohlschreiber klar unterlag, „dadurch hatten die Unternehmen und die jungen Sportler keine Bindung mehr zum Tennis.“ Doch langsam beginnt in Südafrika ein Umdenken. So findet seit 2009 nach 13 Jahren Pause wieder ein Turnier in Johannesburg statt. Für de Jager ist das ein erster Schritt, „um dem Tennis wieder zu höherem Ansehen zu verhelfen“.

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