zum Hauptinhalt
Endlich wieder Fußballtraining: Die Spielerinnen des Landeskaders freuen sich über die Entscheidung des Senats.

© Michael Fredrich

Kein Training - Posse in der Pandemie: Kein Nachwuchsleistungszentrum für Fußballerinnen

Rund sechs Wochen durften die Landeskaderspielerinnen nicht trainieren. Das Training bei den Jungen fand statt. Grund dafür war offenbar ein Missverständnis.

Das sind erfreuliche Nachrichten: Nach rund sechs Wochen dürfen die Fußballerinnen des Berliner Landeskaders endlich wieder trainieren. Weniger erfreulich ist hingegen, dass das schon längst hätte passieren können. Grund für das ausbleibende Training war nämlich offenbar ein Missverständnis hinsichtlich der Trainingserlaubnis der Kaderspielerinnen. Das konnte erst dadurch geklärt werden, dass der Berliner Fußball-Verband (BFV) einen schriftlichen Antrag bei der Senatsverwaltung einreichte und ausführlich begründete, weshalb das Training unter strengen Hygienebedingungen durchführbar ist.

„Für Spielerinnen, die auf dem Weg zu den Jugendnationalmannschaften sind, ist das Training für die Entwicklung elementar wichtig“, sagt Ailien Poese, die Verbandssportlehrerin beim BFV ist. Das, was die Spielerinnen bräuchten, um eine leistungssportliche Karriere zu erreichen, könne man online nicht abbilden. „Leider haben wir durch Verwaltungsabläufe wichtige Trainingszeit für die Spielerinnen liegen gelassen.“ Poese ist dennoch dankbar, das Training trotz der schwierigen Situation nun wieder anbieten zu können.

Michael Fredrich, ein Vater einer der betroffenen Spielerinnen, findet es nicht nachvollziehbar, dass das Training so lange ausfallen musste. Schließlich fand das Training bei den Jungen aus dem Landeskader in den Nachwuchsleistungszentren bei Union und Hertha weiterhin statt: „Für mich ist das eine Ungleichbehandlung von Jungen und Mädchen.“ Er sieht dahinter ein tieferliegendes Problem: So gebe es keine feste Infrastruktur im Sinne eines Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) für Mädchen in Berlin. „Das ist der strukturelle Unterschied zwischen Frauenfußballförderung, die sinnvollerweise über den Verband läuft“, sagt Fredrich, „und der Talentförderung bei Jungen, die in erster Linie über die NLZ der Bundesligavereine gelingt und somit eher Big Business ist.“

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Natürlich müssten Hygieneverordnungen eingehalten werden, das sei keine Frage, – er selbst ist Covid-19-Risikopatient – aber mit Augenmaß. Im Gegensatz zu Kaderathleten und anderen Sportarten durften nur die Fußballerinnen nicht trainieren. Damit nehme man 36 Mädchen, die das Potenzial hätten, irgendwann in der ersten oder zweiten Liga zu spielen, diese Chance. Seine Tochter hatte Glück, dass sie an einer Eliteschule des Sports ist und zumindest dort regulär Sportunterricht stattfindet. Die weitere Förderung fehle aber, sagt Fredrich, und führe zur Unterauslastung. „Spielerinnen werden gegenüber Spielern benachteiligt“, findet Fredrich.

Der drohende Lockdown könnte die Spielerinnen schon bald vom Platz holen

Um das Training wieder aufnehmen zu können, stellte der BFV einen Antrag beim Berliner Senat. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport teilte dem Tagesspiegel mit, dass der Antrag des Verbandes geprüft worden sei. Demnach sei die Wiederaufnahme des Trainings der weiblichen Landeskader durch die Infektionsschutzverordnung gedeckt und damit könne das Training wieder stattfinden. Der Senatsverwaltung zufolge bestehe keine Ungleichbehandlung.

Der Landessportbund Berlin teilte dem Tagesspiegel mit, dass er das Anliegen des Berliner Fußballverbandes unterstützt habe und die Entscheidung der Senatsverwaltung begrüße.

Nach der Entscheidung des Senats genehmigte auch das Bezirksamt Köpenick umgehend das Training. In Absprache mit dem 1. FC Union dürfen die Spielerinnen nun in der Sportanlage Hämmerlingstraße trainieren. Fredrich fände es dennoch begrüßenswert, wenn es einen zentralen Ort für die weibliche Talentförderung in Berlin gebe.

Die Freude über die Wiederaufnahme des Trainings wird nun allerdings durch die steigenden Corona-Infektionszahlen gedämpft. So könnte der drohende Lockdown die Kaderspielerinnen schon bald wieder vom Platz holen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false