zum Hauptinhalt
Einstecken müssen bei Marie Lang meist die anderen. Seit 28 Kämpfen ist die Kickbox-Weltmeisterin im Leichtgewicht (links) ungeschlagen, auch beim WM-Kampf am Sonnabend ist sie Favoritin.

© promo

Update

Kickboxerin und Model Marie Lang: Mit blauem Auge auf den Laufsteg

Hauptsache kein Beinbruch: Marie Lang wollte in der Nacht auf Sonntag ihren WM-Titel im Kickboxen verteidigen - und gleich am Dienstag bei der Fashion Week in Berlin auftreten. Sie siegte schließlich - verletzte sich aber.

Es gibt sicher harmlosere Vorbereitungen für einen Auftritt auf dem Catwalk. Am kommenden Dienstag will Marie Lang bei der Fashion Week in Berlin über den Laufsteg stolzieren, drei Tage vorher muss die 30 Jahre alte Münchnerin allerdings noch schnell auf eine andere Bühne, um ihren Weltmeistertitel im Kickboxen zu verteidigen. Ihre englische Gegnerin rät Lang vor dem Kampf am Samstag daher, die Reise nach Berlin nicht anzutreten. „Den Walk nach dem Kampf kann Marie Lang vergessen“, sagt Claire Clemens. „Nach einem Kampf gegen mich sah noch keine Gegnerin gut aus.“

Erst einmal die Fresse poliert bekommen und dann ein wenig modeln, so einfach geht das? Marie Lang sagt: „Natürlich muss ich da unbeschadet raus am Samstag. Ich werde mir maximale Mühe geben, dass ich den Lauf machen kann, obwohl es nicht einfach wird.“

Auf ihrer eigenen Homepage moderiert sich die in 28 Profikämpfen ungeschlagene Weltmeisterin als Modedesignerin und Boxerin an, als Model ist sie nur nebenbei tätig. Insgesamt ist das eine eher außergewöhnliche berufliche Kombination, was die gebürtige Westfälin natürlich anders sieht. Sie hat in München sogar Modedesign studiert, hat schon für das Label „Joop“ gearbeitet, ihre eigene Jeans-Kollektion entworfen und trägt sportliche Outfits über den Laufsteg. Der Weg von der Kickboxerin zum Model ist gar nicht mal so weit – über den Fitnesssport kam Lang einst zum Boxen. Bei einer so intensiven Sportart wie dem Kickboxen ist Lang sicher austrainierter als ein Heidi-Klum-Möchtegern-Model.

Auffällig ist, dass die Rechtsauslegerin bei 1,76 Meter Größe nur als Leichtgewicht startet, also nur bis zu 62,5 Kilo wiegen darf. Für ihren Trainer Mladen Steko, einst als Kickboxer selbst Weltmeister, ist das mit dem Gewicht aber nicht das Problem: „Ihre Gegnerin am Samstag ist sogar zwei Zentimeter größer und wiegt nicht mehr.“

Vor zwei Jahren hat Marie Lang mal aus Versehen ihren Freund am Kopf getroffen. Der habe wissen wollen, wie hoch sie treten könne. „Ich hatte Turnschuhe an, die ich im Ring nicht trage. Und die paar Zentimeter war ich zu nah an seinem Kopf. Da schlug es ein.“ Ihr Trainer Mladen Steko sagt: „Marie ist an sich eine ganz Liebe.“ Im Training sei das sogar ein Problem, denn da trete Lang teilweise zu soft auf, findet ihr Trainer. Steko betreut seit Jahren viele, die im Kickboxen Rang und Namen haben, wie etwa Christine Theiss, bekannteste Vertreterin dieser Sportart bislang. Die sei eine „echte Rampensau“ gewesen, sagt Trainer Steko, sonst eher Freund sachter Formulierungen.

Gut auf allen Brettern. Lang bei der Fashion Week in Berlin im Januar.
Gut auf allen Brettern. Lang bei der Fashion Week in Berlin im Januar.

© promo

Die „Rampensau“, Beruf Ärztin, hat viel dafür gegeben, um sich einem größerem Publikum bekannt zu machen. Nacktfotos im Herrenmagazin inklusive. Derartiges hat Marie Lang nicht vor, sie wird auch so wahr genommen: Ihr nächster Kampf läuft im Fernsehen, allerdings erst kurz nach Mitternacht und zeitversetzt (0.25 Uhr Sat1, Nacht zum Sonntag).

Zudem war die Zenith-Halle in München mit ihren 3000 Plätzen bereits am Donnerstag „kurz vor ausverkauft“, wie ihr Trainer Steko sagte. Alles andere als der 29. Sieg in Serie von Weltmeisterin Lang wäre wohl eine Sensation. Doch selbstverständlich trommelt Steko nach Branchensitte, wenn es um den Kampf geht: „Das wird schwer für Marie. Die Gegnerin ist zwar technisch nicht versiert, aber unheimlich verbissen. Da kann alles passieren, es ist Sport.“

Es ist Sport – aber einer, der für viele kein gutes Image hat. Kickboxen ist nicht so hoch anzusiedeln wie Boxen in der öffentlichen Wahrnehmung, und so einen harten Sport gepflegt an die Konsumenten zu verkloppen, ist nicht einfach. Steko, der gebürtige Kroate mit dem aufgeweckt freundlichen Grinsen, ist immens fleißig, wenn es um die Promotion seiner Kickboxer geht. „Man muss heute allgemein etwas machen, um registriert zu werden. Es reicht nicht, nur ein Sportler zu sein. Wenn du keinen Fußball spielst, hast du keine Chance, nach deiner Karriere finanziell gut dazustehen.“ Intelligent müssten Sportler heute sein und das Spiel mitspielen – und am besten so eine ungewöhnliche Berufskombination bieten wie Marie Lang. „Dann hat man auch nach der Karriere ein gutes Leben“, sagt Mladen Steko. Klar ist die Sportlerin Lang eine größere Nummer als das Model. Und Designerin kann sich nennen, wer möchte, Kickboxweltmeisterin nicht. Aber schließlich schafft es trotzdem nicht jede auf den Laufsteg: Werbung ist eben viel wert. Marie Lang hat sich vor ihrem Kampf am Sonnabend auch auf einigen Promo-Fotos in Szene gesetzt. Einmal im roten Strandkostüm, angelehnt an eine US-Fernsehserie und an einen aktuellen Hollywood-Film. „Ich bin ein totaler Baywatch-Fan“, sagt sie. Womöglich als Kontrast zum US–Badequatsch-Epos posierte sie für andere Bilder mit blutverschmierten Gesicht. „Ich hoffe natürlich, dass ich nie so aussehen werde“, sagt sie.

Schließlich steht am Dienstag der Lauf in Berlin für das deutsche Label „Riani“ an – übrigens nicht der erste Auftritt für Marie Lang bei der Fashion Week. Bislang kam sie immer heil an in Berlin. Und wenn das Gesicht am Sonntagmorgen doch so aussehen sollte wie auf den Werbebildchen? Kein Problem, sagt Trainer Steko: „So einen fetten Cut können wir abschminken. Bei einem Beinbruch wäre das schwieriger. Aber das ist eben das Risiko.“ Das Berufskombinationsrisiko sozusagen, mit dem ein kickboxendes Designerin-Model kämpfen und laufen muss.

- Update: Marie Lang konnte ihren Titel am Sonnabend verteidigen, sie siegte nach einem Abbruch nach sieben Runden. Die Gegnerin aus England musste mit Verdacht auf Kieferbruch aufgeben. Lang wird trotzdem nicht auf der Fashion Week laufen, weil sie sich verletzte. Das bestätigten das Label "Riani" und ihr Trainer.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false