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Sport: Kleines Neunziger-Revival

Trotz der Niederlage gegen Spanien deutet das Daviscup-Team sein Potenzial an

Es war das längste Doppel einer deutschen Mannschaft in der Geschichte des Tennis-Daviscups. Vier Stunden und 45 Minuten lehnten sich Philipp Kohlschreiber und Philipp Petzschner gegen das spanische Duo auf. Sie kämpften, spielten geniale Bälle und vergaben Chancen – zu viele am Ende. Mit 10:12 im fünften Satz wurde die deutliche Niederlage der Deutschen im Viertelfinale des Daviscups bereits nach dem zweiten Tag besiegelt. Den einzigen Punkt holte gestern Nicolas Kiefer, der im letzten Einzel mit 6:4, 7:6 (7:2) gegen Feliciano Lopez gewann.

„Das sind die Matches, die diesen Wettbewerb ausmachen“, sagte der deutsche Teamchef Patrik Kühnen nach dem Doppel. Insgesamt war das Niveau und die Spannung der Spiele in Bremen eine fantastische Werbung für den Daviscup. Das Zuschauerinteresse war in den vergangenen Jahren selten so groß wie an diesem Wochenende. Bei den Profis ist der Wettbewerb üblicherweise nicht uneingeschränkt beliebt. Die Nummer zwei der Welt, Rafael Nadal aus Spanien, ließ das in Bremen nur kurz anklingen: „Ich freue mich hier zu sein, aber es ist eine miserable Vorbereitung auf die Sandplatzsaison, die für mich am wichtigsten ist.“

Der Internationale Tennisverband (ITF) und die Spielerorganisation der Männer (ATP) haben nun zumindest beschlossen, den Spielern ab 2009 Weltranglistenpunkte für die Einsätze zuzusprechen. Außerdem werden die erste Runde von Februar auf März verschoben und das Viertelfinale von April auf Juli. Die Spiele fügen sich damit besser in den Turnierkalender der ATP ein.

Besonders für die Spitzenspieler wird der Wettbewerb dadurch attraktiver, und die Zuschauer werden durch die Änderungen wohl mehr Spiele auf solch hohem Niveau bekommen wie in Bremen. „Es war einfach ein super Gefühl auf dem Platz zu stehen“, schwärmte Petzschner nach dem Doppel. „Die Stimmung war wie zu Beginn der neunziger Jahre, als ich als Kind vor dem Fernseher saß.“

Dass die Stimmung unter den 4500 Zuschauern in der Bremer Halle auch gestern noch richtig gut war, lag vor allem an Nicolas Kiefer. Der Hannoveraner überzeugte gegen Lopez besonders durch seinen starken Aufschlag und immer wieder perfekt gesetzte Lobs.

Da Kohlschreiber, die deutsche Nummer eins, aufgrund von anhaltender Müdigkeit nach dem Marathon-Doppel gestern nicht mehr antrat, kam Michael Berrer zu seinem zweiten Daviscup-Einsatz. Er machte ein gutes Spiel gegen Fernando Verdasco, der 27-jährige Stuttgarter überzeugte aber nur im ersten Satz und verlor 6:2, 6:7 (5:7), 4:6.

Dass der Einzug ins Halbfinale nicht wie 2007 gelang, ist für Kühnen kein Grund, von einem schlechten Daviscup-Jahr zu sprechen. „Es ist immer auch eine Frage der Auslosung“, sagte er. „In dieser Besetzung sind die Spanier Favoriten auf den Gesamtsieg.“ Durch das Überstehen der ersten Runde bleibt die deutsche Mannschaft aber sicher in der Weltgruppe. Es gibt wieder einige junge Spieler mit Potenzial wie Kohlschreiber und Petzschner. Gelegenheit, für Deutschland zu spielen, erhalten sie wieder beim World-Team-Cup vom 18. bis 24. Mai in Düsseldorf, für den Kühnen bereits Kohlschreiber, Kiefer und Petzschner nominiert hat. Das Ausscheiden im Daviscup gegen Spanien zeigt deutlich, dass die Deutschen derzeit mit den großen Tennisnationen nicht mithalten können. Aber verstecken brauchen sie sich nach der Leistung von Bremen auch nicht.

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