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Sport: Königlich sicher

Die Formel 1 will sich in Bahrain nicht vor dem Terror fürchten

Von Andrea Nüsse

und Karin Sturm

Amman/Manama. Seit Tagen wiederholen die Sicherheitsexperten von Bahrain einen Satz: „Wir betonen, dass alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden sind.“ Es ist ein notwendiger Satz in diesen Zeiten, in denen Terroristen weltweit nicht mehr davor zurückschrecken wie jüngst in Madrid massenhaft unschuldige Menschen umzubringen und so genannte weiche Ziele treffen. Die verständliche Hysterie vor dem Terror hat auch den Sport erreicht, und so wird bei jeder nennenswerten Großveranstaltung nach den Sicherheitsvorkehrungen gefragt. Am Wochenende findet nun der erste Grand Prix der Formel 1 in der arabischen Welt statt, und da es sich beim Austragungsort um ein islamisches Königreich handelt, ist die Welt scheinbar besonders skeptisch. Dem deutschen Formel-1-Star Michael Schumacher hat König Hamid bin Isa al-Khalifa angeblich eine gepanzerte Limousine zur Verfügung stellen wollen, und angeblich sollte auch jeder weitere Fahrer Personenschutz erhalten. Am Mittwoch sagte der nationale Pressechef Ghada al-Ansari dem Tagesspiegel: „Wir würden den Fahrern Leibwächter zur Verfügung stellen. Aber bis jetzt gab es dafür noch gar keine Anfragen.“

Will heißen, die Formel 1 selbst hat nicht die großen Sorgen um die eigene Sicherheit, die man angesichts des Austragungsortes hätte vermuten können. Das Innenministerium von Bahrain jedenfalls bemüht sich, diesen Eindruck von gefühlter Sicherheit zu verstärken: Die Nationalgarde sichert die Rennpiste ab. Die Soldaten werden am ganzen Rennwochenende ringförmig um den Kurs herum stationiert sein. Und natürlich vergisst al-Ansari nicht darauf hinzuweisen, dass „unsere Sicherheitsleute Unterstützung von Militär und Geheimdiensten aus aller Welt“ bekommen. Es darf schließlich nichts schief gehen, denn Bahrain will sich der Welt präsentieren – und Touristen in die Wüste locken. Auch deshalb ließ König Scheich al-Khalifa den Wüstensand um die Rennstrecke mit Zement stabilisieren, damit der Wind ihn nicht auf die Fahrbahn bläst. Die 15 000 Hotelzimmer des Landes sind ausgebucht. Und die 650 000 Einwohner des arabischen Zwergstaates sind durch riesige Plakatwände auf allen Straßen der Hauptstadt Manama informiert.

Die Rennstrecke ist fertig, obwohl zunächst ein Renntermin erst im Herbst 2004 anvisiert worden war. Doch das kollidierte mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan. Um die Gemüter von Islamisten nicht unnötig zu erhitzen, mussten die 2000 Bauarbeiter aus Indien und Bangladesh schneller arbeiten, so dass die Rennstrecke nun schon am Wochenende genutzt werden kann. Nach 16 Monaten Bauzeit. Aus Rücksicht auf strenge islamische Moralvorschriften wird der Champagner auf dem Siegerpodium bei diesem Grand Prix alkoholfrei sein. Und auf die attraktiven „Grid Girls“ im knappen Badeanzug, welche die notgedrungen männlichen Sieger küssen, wird ganz verzichtet.

Das mag überraschend viel Rücksichtnahme sein in einem Staat, der bei seinen saudischen Nachbarn wegen seiner relativen gesellschaftlichen Freizügigkeit beliebt ist: Am Wochenende fallen junge Saudis in die Hauptstadt Manama ein, die durch eine Brücke mit dem wahhabitischen Königreich verbunden ist. Sie zechen die Nacht in einem der Hotels oder Nachtclubs durch, wo Whisky ausgeschenkt wird und knapp bekleidete Sängerinnen auftreten. Dies ist eine wichtige Einnahmequelle für den nur 711 Quadratkilometer großen Inselstaat, dessen Öl- und Gasvorkommen zur Neige gehen und der seit Jahren versucht, seine Einnahmequellen zu diversifizieren.

Angesichts der sich zu Ende neigenden Bodenschätze, versucht der 54-jährige bahrainische Staatschef neue Einnahmequellen zu schaffen. Dank liberaler Gesetzgebung konnte sich Bahrain bereits als das Finanz- und Bankenzentrum der Golf-Region entwickeln. Nun will Scheich al-Khalifa der Nachbarmetropole Dubai nacheifern, die sich als Touristenzentrum etablieren konnte: So ist während der Formel 1 ein „Shopping Festival“ geplant. Der Bau der Rennstrecke im Wüstensand südlich von Manama hat zwar 300 Millionen Dollar gekostet. Aber allein die Besucher, die am ersten April-Wochenende in Bahrain erwartet werden, sollen 74 Millionen Dollar vor Ort ausgeben. Und Scheich al-Khalifa setzt darauf, dass die Gäste im nächsten Urlaub wieder kommen.

Die Formel 1 will auf jeden Fall zurückkehren, schließlich verspricht man sich neue Verdienstchancen, Sicherheitsfragen spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle. Bei Teams wie Toyota oder Sauber sieht man keinerlei Veranlassung, an den normalen Abläufen etwas zu ändern. Nur die Container mit den Autos, Werkzeugen und Teilen der Teams wurden bei der Ankunft genauer kontrolliert als sonst, „aber auch das ging sehr zügig“, sagt BMW-Williams-Teamkoordinator Franz Tost. Er sagt aber auch: „Wir haben unsere Leute angewiesen, möglichst im Hotel zu bleiben und nicht aufzufallen.“

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