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Sport: Kohle mit Schnee

Biathlon in der Arena Auf Schalke, Langlauf in Düsseldorf – den Wintersport zieht es in den Westen

Gelsenkirchen. Wenn es um den Ausgang von Fußballspielen geht, sind die Prognosen Rudi Assauers in ihrer Reserviertheit kaum zu übertreffen. Kein Gegner, warnt der Manager des FC Schalke 04 dann gern durch die Rauchschwaden seiner Davidoff hindurch, dürfe unterschätzt werden, kein Gegner sei ein Selbstgänger, und dann folgen zumeist noch weitere Phrasen aus dem Vokabular des erfahrenen Fußballbeobachters. Doch in diesen Tagen hat Assauer jegliche vornehme Zurückhaltung über Bord geworfen, mehr noch: Er schlüpft sogar gerne in die Rolle des Visionärs. Allerdings gelten diese Visionen nicht seinem Kerngeschäft, dem Fußball in Königsblau, sondern sie gelten dem Wintersport. Im Ruhrpott.

Denn Assauer will jenen Biathlon-Event, der Samstag in der Arena Auf Schalke vonstatten geht, nicht als singuläres Ereignis betrachten. Auch dann nicht, wenn diese immer populärere Lauf- und Schießkombination, kaum verwunderlich, sich noch nie in einem Fußballstadion wiederfand. Deswegen freuen sich auch Top-Athleten wie der viermalige Olympiasieger Ole-Einar Björndalen aus Norwegen „auf diesen Spaß“, der ihn auf einem 1,1 km langen Rundkurs auch über den Stan-Libuda-Weg und den Berni-Klodt-Weg führen wird. Geschossen aber wird in der Halle, vor mindestens 28 000 sitzenden Zuschauern, zu denen sich vermutlich noch einige Tausend Stehplatzbesucher gesellen werden. Die Besucher stört offenbar nicht einmal, dass die World Team Challenge 02, die normalerweise im bayerischen Ruhpolding zur Austragung kommt, kein offizielles Weltcup-Rennen ist und damit keinen großen sportlichen Wert hat. Der Mixedwettbewerb dient lediglich als Überbrückung und als Möglichkeit zum Geldverdienen: Dem siegenden Paar winken immerhin 10 000 Euro.

Umso erstaunlicher der Ansturm des Publikums. Dieser ist für Assauer Grund genug, auch im nächsten Jahr rund 1500 Kubikmeter Kunstschnee per LKW von der Skihalle in Bottrop nach Gelsenkirchen fahren zu lassen. Geträumt aber hat er dieser Tage schon von einer Wintersport-Veranstaltung größeren Ausmaßes: „Wir haben darüber gesponnen, ob wir hier nicht einmal ein Skispringen durchführen.“ Doch so atemberaubend neu ist diese Idee dann auch wieder nicht.

Stehen doch in Japan schon längere Zeit Konzepte von riesigen Hallen im Raum, in denen Skispringen völlig frei von Windeinflüssen stattfinden könnten. Derart gigantomanische Projekte sind in Deutschland zwar noch nicht angedacht, doch auch im Ruhrgebiet existieren zumindest ähnliche Überlegungen. August Pollen etwa hält so etwas für „im Grundsatz technisch machbar“, wenn auch nur im Outdoor-Bereich. „Es ist zwar mit immensen Kosten verbunden“, sagt der Geschäftsführer der Skihalle in Neuss, der im Oktober den hochgelobten Skilanglauf-Weltcup in Düsseldorf organisiert hat, „aber es ist möglich, eine Rampe in dieser Größe in eine Stadt zu stellen“. Momentan, betont Pollen, gebe es zwar keine konkreten Pläne, aber es finden lose Gespräche mit den großen Kommunen im Ruhrgebiet statt. „Den Städten ist ja auch klar, dass ein solcher Event mit einem enormen öffentlichen Interesse verbunden wäre“, sagt Pollen, „aber es muss dann schon ein offizieller Weltcup sein.“ Ein allerdings schwieriges Unterfangen angesichts des dichten Veranstaltungskalenders bei den heiß begehrten Skispringern.

Ein Modell für die Zukunft sieht Pollen darin. Auch bei dem erfolgreichen Event in Düsseldorf habe die Idee dahintergestanden, den Sport zu den Menschen zu bringen. „Die Menschen wollen einfach die Idole des Wintersports auch einmal live erleben“, sagt Pollen, für den deswegen die Zuschauerzahlen auf Schalke keine Überraschung darstellen. Wenn aber diese Veranstaltungen sich tatsächlich etablieren und zur Regel werden, dann müsste laut Pollen auch einmal über Themen wie Ökobilanzen und Infrastruktur nachgedacht werden.

Das findet auch die Konkurrenz aus Bottrop, die zuständig ist für den Schnee auf Schalke. Pressesprecher Tim Weihmann sagt: „Natürlich kann eine Arena wie in Gelsenkirchen ein großes Sport-Ereignis besser auffangen und organisieren als die Stadt Winterberg, wenn dort beim Skispringen 30 000 Zuschauer einfallen.“ Rudi Assauer, dessen Kind Schalke-Arena längst nicht so ausgelastet ist wie nötig, wird Sätze wie diesen gern vernehmen. Und weiter träumen.

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