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Zwei, die zusammenhalten. Kalle (l.) und Uli, die rhetorische Doppelspitze des FC Bayern.

© Swen Pförtner/dpa

Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Die doppelte Moral des FC Bayern

Nichts ist mehr wie zuvor nach der Pressekonferenz der Münchner - außer die Leistung der Spieler. Andernorts fehlt das Timing. Eine Glosse.

Es hat wohl eine Pressekonferenz gegeben, auf der die Verantwortlichen von Bayern München die Menschenwürde im Profifußball einforderten. Ich hab das nicht so richtig verfolgt, aber es ging wohl darum, dass der FC Bayern im Moment zu viele Spiele verliert und wenn das schon mal passiert, dass es extrem unfair ist, wenn die Medien dann auch noch negativ darüber berichten. Es fielen die Begriffe Moral, Anstand und Respekt, die in unserer skrupellosen Zeit ja nur allzu oft verloren gehen. Ich finde diesen Vorstoß der Herren Rummenigge und Hoeneß durchaus mutig, und man sollte ihn ernst nehmen. Denn die, die ihn vorbringen, wissen, wovon sie reden. Auch ihnen ging einst Moral und Anstand verloren, aber sie haben als verurteilte Straftäter in einem anstrengenden Resozialisierungsprozess den Weg nicht nur in unsere Gesellschaft, sondern sogar an die Spitze eines großen Wirtschaftsunternehmens zurückgefunden.

Für die Menschen in Bayern kommt aber auch wirklich alles zusammen. Erst wankt die CSU und nun auch noch ihr Fussballklub. Insofern war das 3:1 der Bayern in Wolfsburg einfach ein großer Sieg der Moral, wenn nicht sogar der doppelten.

Zu spät erkannt

Ganz andere Probleme haben einst so etablierte Mannschaften wie Stuttgart, Schalke und Leverkusen. Es läuft – unabhängig von allen Fragen der Moral – überhaupt nicht. Stuttgart hat sogar schon den Trainer entlassen. Der neue Übungsleiter (Markus Weinzierl) knüpfte mit einer 0:4-Heimniederlage nahtlos an die Ergebnisse seines Vorgängers an. Experten bestätigten aber, dass die Schwaben in der zweiten Halbzeit viel besser gespielt hätten, weil der Trainer da das Spielsystem umgestellt habe. Schade, dass es zu diesem Zeitpunkt schon 0:3 stand. Ich meine, hätte der Trainer das Spielsystem etwas früher umgestellt… wer weiß?

Vieles ist, wie so oft im sportlichen Leben, eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Die deutsche Nationalmannschaft hat mit der Einwechslung der jungen, schnellen Spieler gegen Frankreich auch ihre Geschwindigkeitsdefizite ablegen können und ein ordentliches Spiel gezeigt. Leider erfolgte diese Erkenntnis zu einem recht späten Zeitpunkt. Denn in der Zwischenzeit ist man in der Vorrunde der Weltmeisterschaft und nun aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Nations League (heißt das so?) ausgeschieden.

Hätte man doch nur früher reagiert! Ja, hätte. Nachher hat man es immer vorher gewusst. Was nützt das jetzt? Oder wie es der Sportphilosoph Lothar Matthäus einmal formulierte: „Wäre, wäre Fahrradkette“.

- Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga

Frank Lüdecke

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