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Hand in Hand. Lisa (l.) und Anna Hahner beim Olympischen Marathon.

© REUTERS

Kolumne: So läuft es: Liebe Hahner-Zwillinge, Marathon ist kein PR-Getue!

Auf die Marathonläuferinnen Anna und Lisa Hahner ist vonseiten der Medien eingeprügelt worden. Zu Recht, findet unser Kolumnist.

Und wieder sind es die bösen Medien, die auf Anna und Lisa Hahner einprügeln. Und wieder ist es das böse Nörgeldeutschland, das spaßbefreit ist. Und es ist Sabrina Mockenhaupt, die neidisch ist, und deshalb den Hahner-Zwillingen eine klare Ansage mit auf den Laufweg gegeben hat. Unsinn! Dieser Kritik müssen sich die Hahner-Twins nun einfach stellen. Und es wird höchste Zeit. „Warum muss man mit aller Gewalt verkaufen wollen, dass man immer lacht und alles immer super ist? Ich liebe Menschen mit Ecken und Kanten und bin traurig, dass Anja Scherl bei dieser Inszenierung völlig untergegangen ist. Da fragt man sich, ob sich Ehrlichkeit und ein Kämpferherz in der heutigen Gesellschaft überhaupt noch lohnen“, schrieb Mockenhaupt auf Facebook.

Sie hat damit genau den Punkt getroffen. Und auch den richtigen Ton. Wer sich mit dem Laufen auskennt, wer je einen Marathon gelaufen ist, für den ist das Hahner-Theater von Rio einfach nicht zu fassen. Seit Rio steht fest: Anna und Lisa Hahner spielen in der Weltspitze beim Marathon in Sachen Performance keine Rolle. Mit Platz 81 und 82 liefen sie Hand in Hand über die Ziellinie, mit Zahnpastalächeln. Aufgesetzt, einstudiert, maskenartig. Eine werbliche Inszenierung, die bereits 2013 begonnen hat.

Drei Jahre liegt Anna Hahners Bestzeit zurück. 2013 trennte sich der Trainer von den Zwillingen. Er war schon damals maximal genervt davon, dass die Zwillinge mehr Zeit in Eigenmarketing als in den Sport steckten. Dagegen ist nichts zu sagen. Gar nichts. Das ist und war alleine die Entscheidung der beiden. Das, was in Rio geschah, war schlicht Respektlosigkeit.

Olympia ist kein kitschiger Volkslauf. Kein Motivationslauf pro Running. Olympia ist Blood, Sweat & Tears. Und kein Händchenhalt-Mädchen-Gedöns. Die Hahners haben mit dieser PR-Strategie einen schlimmen Fehler gemacht. Mit dieser narzisstischen Gangart verdecken sie wunderbare Höchstleistungen all derer, die unser aller Respekt verdienen. Anja Scherl zum Beispiel. Sie landete als mit Abstand beste Deutsche auf Platz 44. Sie hat einen Fulltimejob und lieferte eine derart tolle Performance. Oder die wunderbare Mayada Al-Sayaad. Die Berlinerin startete für Palästina. Sie erreichte Platz 67, in 2:42:28.

Sabrina Mockenhaupt hat ihren Facebook-Eintrag wieder gelöscht. Ihre Meinung führte im Netz dazu, dass sie einen Shitstorm erlebte. Ich habe sie nochmals angerufen. Geradeaus, wie sie ist, bringt sie es auf den Punkt: „Auf der einen Seite ist es ein gesellschaftliches Problem. Deutschland fordert möglichst viele Goldmedaillen, feiert aber Platz 81 und 82 der Hahners, die Hand in Hand ins Ziel laufen. Da stimmt doch was nicht. Außerdem ist eines doch ganz klar: Es muss für jeden eine Ehre sein, den Adler auf der Brust zu tragen. Und dann stellst du dich in den Dienst der ganzen Mannschaft. Und inszenierst dich nicht selbst.“ Sabrina Mockenhaupt lebt seit 20 Jahren gut mit und durch den Laufsport. Neid ist ihr fremd. Gut so. So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

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