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Kommentar: Leider wieder normal

Benedikt Voigt über den Abschied des Torwarts Jens Lehmann.

Jens Lehmann hat es einem wirklich nicht einfach gemacht, ihn zu mögen. Wer mit dem Hubschrauber zum Trai-       ning fliegt, wer während eines Champions-League-Spiels hinter die Bande pinkelt oder wer den Schuh eines gegnerischen Spielers auf das Tornetz wirft, so dass dieser ihn nicht sofort wiederfindet, mit dem kann eigentlich irgendetwas nicht stimmen. Oder, wie es jener Stuttgarter Fußballfan formuliert hat, nachdem Jens Lehmann in Mainz die Rote Karte gesehen hatte und bevor Jens Lehmann ihm die Brille wegnahm: „Mensch Jens, kannst du nicht einmal normal sein?“

Er kann es auf dem Fußballplatz offenbar nicht, außerhalb aber schon. Das hat er nach seinen Aussetzern in Mainz bewiesen, nach denen er sich reumütig in den Fernsehstudios über sich selber wunderte. Oder jetzt, als er seinen TV-Kommentatorenstil während der Fußball-Weltmeisterschaft als analytisch einordnete und sagte: „Das ist mein Naturell – wenn ich nicht auf dem Platz stehe.“ Selbstironie ist eher selten im ach so ernsten Fußballgeschäft. Und hat er nicht mit seinen zwei gehaltenen Elfmetern im Viertelfinale gegen Argentinien das Sommermärchen 2006 erst möglich gemacht?

Wenn man ehrlich ist, haben uns seine Eskapaden auch gut unterhalten. Die Stuttgarter Spiele sind auch deshalb interessant, weil man nie weiß, welchen Aussetzer er sich diesmal leistet. Deshalb ist es schade, dass Jens Lehmann seine Karriere nach dieser Saison endgültig beenden wird. Egal, ob man ihn gemocht hat oder nicht: Man wird ihn vermissen.

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