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Zeigte einmal, wo es lang geht: Babak Rafati.

© dpa

Kommentar: Rache statt Aufarbeitung

Der ehemalige Schiedsrichter Babak Rafati hat ein Buch geschrieben, „Ich pfeife auf den Tod!“ heißt es, und der Untertitel lautet: „Wie mich der Fußball fast das Leben kostete“. Das klingt erschreckend und ist wohl auch so gemeint.

Machen wir uns das noch einmal klar: Babak Rafati war Bundesliga-Schiedsrichter, sieben Jahre lang. Rafati weiß also, wie Medien funktionieren, er hat am eigenen Leib erfahren, welch beängstigenden Sog sie verursachen können. Was es heißt, das Label „Deutschlands schlechtester Schiedsrichter“ mit sich herumzutragen, weil die Bundesligaprofis das subjektiv so entschieden haben und ein angesehenes Sportmagazin das ungefiltert veröffentlicht hat.

Naivität ist also auszuschließen als Motivation für das, was Rafati 16 Monate nach seinem Selbstmordversuch nun betreibt. Er hat ein Buch geschrieben, „Ich pfeife auf den Tod!“ heißt es, und der Untertitel lautet: „Wie mich der Fußball fast das Leben kostete“. Das klingt erschreckend und ist wohl auch so gemeint. Worum es in dem Werk geht, erklärt Rafati pünktlich und exklusiv im „Stern“: „Ich gebe tiefe Einblicke in meine Gefühlswelt und rechne erbarmungslos mit mir und dem ab, was mich so schwer verletzt hat.“

Statt einer besonnenen Aufarbeitung ist das ein persönlicher Rachefeldzug. Rafati hat für seinen Tötungsversuch vor allem einen ausgemacht: Schiedsrichter-Obmann Herbert Fandel, seinen Vorgesetzten. Dessen „Kälte“ und „Unerbittlichkeit“ nennt er eine „gefühlte Giftspritze“. Mit Giftspritzen werden Menschen hingerichtet. Der von Rafati gewünschte Zusammenhang ist offensichtlich.

Das bringt eine Unerbittlichkeit in die Debatte, die eine vernünftige Auseinandersetzung unmöglich macht. Was schade ist, birgt der Fall Rafati doch, so wie er ihn schildert, ernst zu nehmende Entwicklungen. Warum haben Schiedsrichter-Betreuer der Allianz aus Spielern und Fans nichts anderes entgegenzusetzen, als im Zweifelsfall den Druck weiter zu erhöhen? Warum hinterlassen die Verantwortlichen bei dem Betroffenen das Gefühl, er sei mit seinem Schicksal alleingelassen? Schließlich: Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Über all das hätte man diskutieren können. Das ist nun nicht mehr möglich. Und eine weitere Chance zur Veränderung ist vertan.

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