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Ich hau’ mal einen raus. Bayerns Trainer Thomas Tuchel.

© imago/osnapix/IMAGO/osnapix / Hirnschal

Krawall, Kult und Kaspertheater: Tuchel, Fischer, Voss-Tecklenburg und die Wagenburgen

Thomas Tuchel, Urs Fischer und Martina Voss-Tecklenburg standen am Fußball-Wochenende im Mittelpunkt, und das in gar nicht mal so verschiedenen Situationen.

Ein Kommentar von Claus Vetter

Es war das Wochenende der Trainer und einer Trainerin im deutschen Profifußball, keine Frage. Da gab es den Beleidigten (Thomas Tuchel), den Bemitleidenswerten (Urs Fischer) und die Bundestrainerin mit dem seltsamen Abgang (Martina Voss-Tecklenburg). Auf den ersten Blick kommt das Trio aus verschiedenen Situationen, für alle aber lässt sich sagen, dass sie gewaltig unter Druck stehen oder standen.

Trainer Tuchel brachte zwar einen 4:0-Sieg beim schwachen BVB auf das Bayern-Konto, aber so im Vorbeigehen ließ sich damit natürlich die Pokalpleite, erlitten unter der Woche beim 1. FC Saarbrücken, nicht kaschieren. Meister werden mit den Bayern sollte ja schließlich jeder Coach können, und nicht mal da liegt Tuchel mit seinem Team 100 Prozent auf Kurs, weil eben Bayer Leverkusen vorneweg brilliert.

Tuchel, obwohl im Wesentlichen nur von zwei Fernsehexperten angegriffen, wählte die Vorneverteidigung. Wobei die Kritik an Dietmar Hamann und Lothar Matthäus zwar auch unterhaltsame Züge hatte („Ich sehe bei beiden keine Weiterentwicklung“), das Verlassen des TV-Interviews mit Letzteren dagegen war nicht mal tragikomisch. Es wirkte beleidigt. Es war aber am Ende womöglich auch ein geschickter Zug des klugen Tuchels: Mit der krawalligen Kritik an den bösen Kritikern da draußen nämlich rückt er näher an die Mannschaft, von der er etwas entfernt zu sein schien.

Auch beim 1. FC Union heißt es nach einem Dutzend Niederlagen nun zusammenrücken, und das machen sie, einige Fans machten schon mal auf einem Transparent klar, dass sie sich wehren – gegen die Kritiker:innen aus der Presse, wobei es die eigentlich gar nicht so in großer Schar gibt: Dass Union nicht die übliche Hire-and-fire-Politik betreibt und sich vor den verdienten Trainer stellt, wird auch in Berlin medial weitestgehend von einer Welle des Wohlwollens begleitet. Der Kultklub ist in der Krise besonders kultig. Sicher drücken nicht wenige auch außerhalb der Alten Försterei Urs Fischer alle Daumen, dass er da irgendwie die Kurve kriegt und nicht selber zum Notausgang geht.

Mehr Kasper:innentheater als Kult war die Demission der Fußball-Bundestrainerin. Für Voss-Tecklenburg gab es keine Chance mehr auf eine Wagenburg. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) blieb zumindest seinen Prinzipien treu und verkündete die Entlassung zu einem günstigen Zeitpunkt, nämlich am Samstag, dem Fußball-Bundesliga-Männertag. Das war dann fast so gelungen wie das Timing mit der Verkündung der Entlassung von Männer-Bundestrainer Hansi Flick während des Finales der Basketball-WM.

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