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© AFP

Kritik am Gastgeber: Unsportlich, unsympathisch, unkanadisch

Kanada holt doch noch Medaillen – der Jubel der Gastgeber kommt aber nicht überall gut an. Der aggressive Ehrgeiz und die bierselige Siegesfeier der Eishockeyspielerinnen werden kritisiert.

Auf Bilder wie diese hatte Kanada gewartet: Das Frauen-Eishockey-Team schlug am Donnerstag die USA im olympischen Finale von Vancouver mit 2:0 – Gold für Kanada! Es war die achte Goldmedaille für die Athleten mit dem Ahornblatt, die in dieser Woche eine Art Trotzreaktion zeigten: Als alle Welt davon sprach, wie enttäuschend das Abschneiden der Kanadier sei, holten sie auf: Die Bobfahrerinnen feierten Gold und Silber, Eisschnellläuferin Clara Hughes gewann Bronze, das junge Eistanzpaar Tessa Virtue/Scott Moir holte Gold und verzückte das Land mit einer wunderschönen Kür. Und dann weinten alle mit der tapferen Eiskunstläuferin Joannie Rochette, die vier Tage nach dem Tod ihrer Mutter Bronze gewann.

Das kanadische Fernsehen macht inzwischen eine reine Kanada-Show aus den Winterspielen. Ständig werden Fans gezeigt, die „Go, Canada go!“ brüllen. Im Stadtzentrum von Vancouver und Whistler wird durchgehend gefeiert und getrunken. Doch die Bierseligkeit und das Geschrei sind nur eine Facette der olympischen Stimmung. Es gibt auch Menschen, die gar nicht glücklich sind mit dem, was in ihrem Land geschieht. Kanadier, die sich nicht im Olympia-Rausch befinden, kritisieren, das Land habe sich mit seinem gut 70 Millionen teuren Athletenförderprogramm „Own the Podium“ in der Welt unsympathisch gemacht. Die Botschaft des Programms sei viel zu aggressiv und unkanadisch. Die Sportler seien zudem zu sehr unter Druck gesetzt worden.

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Pubertät. Junge Fans lassen sich vor dem Eishockey-Finale der Frauen Ahornblätter auf die nackte Brust malen. -

© Reuters

Im Ausland kommt Kanadas Ehrgeiz nicht gut an

Auch im Ausland, vor allem in England, kommt Kanadas demonstrativer Ehrgeiz nicht gut an. Nachdem der „Guardian“ die Winterspiele von Vancouver bereits in der ersten Olympia-Woche als „worst games ever“ (schlechteste Spiele aller Zeiten) tituliert hatte, legte nun ein Kommentator der „Times“ nach. „Well done, Kanada, you own the Odium“, heißt es da (frei übersetzt: gut gemacht, Kanada, du erntest Hass). Die Kanadier hätten sich während der Spiele nur unbeliebt gemacht. Die Lehre, die die Briten, die 2012 in London die Sommerspiele ausrichten, aus der kanadischen Veranstaltung ziehen sollten, sei: „Es ist ein Weltfest, das in London stattfinden wird, es ist keine Party für London, an der die Welt teilnehmen darf.“

Für weiteren Ärger sorgte der Jubel der kanadischen Eishockeyspielerinnen nach dem Finale. Mit Bierdosen und Champagnerflaschen waren die Spielerinnen aufs Eis zurückgekehrt und fotografierten sich gegenseitig mit dicken Zigarren im Mund. „So etwas wollen wir nicht sehen. Das ist keine gute Werbung für den Sport“, sagte IOC-Exekutivdirektor Gilbert Felli. „Sie können in der Kabine feiern, aber nicht in der Öffentlichkeit.“ Steve Keough, Sprecher des kanadischen Olympia-Komitees, war um Schadensbegrenzung bemüht. „Eine spontane Siegesfeier ist bei uns nichts Ungewöhnliches“, sagte Keough. „Wenn die Spielerinnen das entsprechende Alter haben, ist das nichts Illegales.“ Das gesetzliche Mindestalter für Alkohol-Konsum liegt in der Olympia-Provinz British Columbia allerdings bei 19 Jahren. Doppel-Torschützin Marie-Philip Poulin, die ebenfalls in der Öffentlichkeit trank, ist aber erst 18 Jahre alt.

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