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Sport: Mehr Strafen, mehr Tore

Die härtere Regelauslegung führt in der Eishockey-Liga zu kuriosen Ergebnissen

Berlin - Tobende Fans, meckernde Spieler und mehr Tore denn je zuvor. 8:3, 8:2, 7:5 – nein, das sind nicht Ergebnisse aus der Wasserball-Bundesliga, sondern Resultate vom 37. Spieltag der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Neun Tore fielen da pro Spiel, bisher waren es im Durchschnitt fünf. Die Revolution in der DEL hat am Dienstag begonnen. Erstmals pfiffen die Schiedsrichter in allen Stadien nach der von der Liga vorgegebenen neuen Regelauslegung, die eine rigorose Ahndung der Vergehen Haken, Halten und Behinderung verlangt.

Wer da nicht mitspielen wollte, hatte Pech – wie die Frankfurt Lions. Seit über zwei Jahren praktizieren die Hessen erfolgreich ein robustes, einschüchterndes Eishockey. Am Dienstagabend mussten die Spieler des Deutschen Meisters von 2004 nach der 3:8-Niederlage in der Kölnarena erkennen, dass sie ihr Spiel umstellen müssen, um in der neuen Zeit anzukommen. Schiedsrichter Heiko Dahle aus Berlin schickte die Profis der Lions im 30-Sekunden-Takt auf die Strafbank, verstehen konnten sie es nicht. „Der Schiedsrichter hat für die Heimmannschaft gepfiffen“, fand ihr Verteidiger Sebastian Klenner. „Da waren einige ungerechtfertigte Strafen dabei.“

Das will DEL-Schiedsrichterbeauftragter Holger Gerstberger nicht mal bestreiten. „Wenn ein Schiedsrichter glaubt, er mache keine Fehler, dann hat er schon verloren.“ Aber insgesamt werde das Spiel durch die neue Regelauslegung attraktiver – auch weil mehr Tore fallen, wie jetzt in Köln. Das 8:3 für die Haie war ein Resultat vieler Strafen. Bei den Lions saßen schon in den ersten 13 Spielminuten sieben Spieler auf der Strafbank, die Kölner konnten das Spiel früh entscheiden. Und ihr Trainer Hans Zach stellte zufrieden fest: „Die DEL ist auf einem völlig richtigen Weg.“

Im Interesse spielerisch versierter Teams ist es wohl so. Mannschaften wie Köln haben nun mit technisch weniger beschlageneren Gegnern leichteres Spiel. Denn die halfen sich bisher häufig mit kleinen, verstecken Fouls. Dass dies am Dienstag im Falle der hart agierenden Huskies beim Spiel in Berlin nicht bestraft wurde, lag wohl daran, dass die spielstärkeren Eisbären von ihrer Exkursion zum Spengler-Cup zu erschöpft waren. Kassel überstand ungewöhnlich viele Unterzahlsituationen unbeschadet und siegte 6:3. Immerhin stellte Trainer Bernie Englbrecht fest, „dass wir uns mit der neuen Regelauslegung noch schwer tun“. Aber: „Ich befürworte die Änderungen, denn sie machen das Eishockey schneller und schöner.“

Da waren am Dienstag noch nicht alle dieser Meinung. Beim Spiel Düsseldorf gegen Ingolstadt bekundeten die Fans beider Teams ihren Unmut über viele Strafminuten und sangen gemeinsam: „Wir sind alle Eishockey-Fans.“ Ein Protest, der sicher nicht zur Regel werden wird. Denn es braucht manchmal Zeit bis revolutionäre Änderungen akzeptiert werden. Wobei derart hohe Spielergebnisse wie am Dienstag nicht zur Gewohnheit werden müssen: wenn nämlich alle Teams alte Gewohnheiten abgestellt und verinnerlicht haben, dass der Schläger im Eishockey nicht zum Traktieren des Gegners gedacht ist, sondern zum Schießen.

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