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Drin oder nicht drin? Künftig kommen bei dieser zentralen Frage technische Hilfsmittel zum Einsatz.

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DFL spricht sich für Torlinientechnologie aus: Mit dem Falken auf Phantomjagd

Es ist seit Jahren ein Streitthema: Sollen technische Hilfsmittel im Fußball über die Frage Tor oder nicht Tor entscheiden? Nach langer Diskussion führt die Fußball-Bundesliga zur kommenden Saison nun die Torlinientechnik ein.

Es war eine elementare Diskussion, die die Vertreter der Fußball-Bundesligisten am Donnerstag zum wiederholten Male führten. Es ging um Fairplay und Gerechtigkeit, Romantik und Fortschritt, natürlich ums Geld – und um die alles entscheidende Frage: Tor oder kein Tor? Nach Jahren der Unentschlossenheit und des Zauderns konnten sich die 18 Klubs einigen: Mit 15:3 Stimmen beschlossen sie die Einführung der Torlinientechnik, schon eine Zwei-Drittel-Mehrheit von zwölf Vereinen hätte genügt. Zur kommenden Saison – Stichtag ist der 1. Juli 2015 – werden alle Erstliga-Stadien mit den Kameras des Hawk-EyeSystems (siehe Grafik) ausgerüstet. Das „Falkenauge“ kommt bereits in der englischen Premier League zum Einsatz. „Ich glaube, dass es für den deutschen Fußball ein Schritt nach vorne ist“, sagte Reinhard Rauball, der Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL).

Die Zeit der Phantomtore und hitzigen Debatten über zu Recht oder Unrecht gegebene oder verweigerte Treffer sollte damit erst einmal beendet sein. Nicht alle Klubvertreter freuten sich gestern darüber. Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen hatte bis zuletzt gegen die Torlinientechnik argumentiert und betont, die „Strittigkeit der Entscheidungen“ sei ein wesentliches Element des Fußballs. Vermutlich bildeten die Frankfurter gemeinsam mit dem FC Augsburg und Aufsteiger SC Paderborn das Abweichler-Trio, alle drei Vereine werden sich nun aber der Mehrheit der Klubs beugen.

Wie soll bei Relegationsspielen verfahren werden?

Noch im März hatten sich die Vereine gegen die Torlinientechnik ausgesprochen, damals saßen auch die Zweitligisten mit am Tisch, die nun nicht an der Abstimmung beteiligt waren. In der Zweiten Liga werden die Kameras zunächst nicht zum Einsatz kommen. Die DFL kündigte aber an zu prüfen, wie bei Relegationsspielen verfahren werden kann.

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Wesentlicher Grund für die Wiederaufnahme der Verhandlungen war das DFB-Pokalfinale im Mai in Berlin. In der 64. Minute des Endspiels hatte Borussia Dortmunds Nationalspieler Mats Hummels mutmaßlich ein Tor erzielt, das vom Schiedsrichter nicht anerkannt wurde, der FC Bayern bezwang die Dortmunder mit 2:0 nach Verlängerung. Kurz darauf hatten die Münchner einen erneuten Antrag auf eine Abstimmung gestellt.

Ausschlaggebend für den Meinungsumschwung bei den Klubs war wohl das Werben der DFL-Spitze für die Technik – und die gesunkenen Kosten. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig erklärte, in den Verhandlungen mit Hawk-Eye sei ein „exzellenter Preis“ erzielt worden. Die Kosten sollen sich laut Rettig auf weniger als 8000 Euro pro Spiel belaufen, bei 17 Heimspielen pro Saison dürften so auf jeden Verein Kosten von rund 135 000 Euro zukommen. Eigentlicher Favorit auf den Zuschlag war der deutsche Hersteller des GoalControl-Systems, das bei der Weltmeisterschaft in Brasilien in allen Stadien zum Einsatz gekommen war.

Herthas Vorbehalte waren bis zur Abstimmung ausgeräumt worden

Der Berliner Bundesligist Hertha BSC hatte sich zuletzt über seine Haltung bedeckt gehalten, stimmte nun aber auch für die Technik. Hertha teilte mit, „Verbesserungen in den wichtigen Detailfragen Fehlertoleranz, technische Umsetzbarkeit und wirtschaftliche Planbarkeit“, hätten den Verein dazu veranlasst, sich für die Torlinientechnik zu entscheiden. Die Vorbehalte, die Hertha noch bei der ersten Abstimmung hatte, seien ausgeräumt worden.

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und führende Schiedsrichter begrüßten die Neuerung. DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock nannte die Entscheidung „konsequent und richtig“. Der Verband wird sich nun mit der Frage auseinandersetzen, wie die Technik auch im DFB-Pokal eingesetzt werden kann. Herbert Fandel, der Vorsitzende des DFB-Schiedsrichterausschusses, begrüßte die technische Hilfe für die Unparteiischen als „ein zusätzliches Stück Entscheidungssicherheit in der wichtigsten Entscheidung des Fußballs“. Fifa-Schiedsrichter Felix Brych sagte, die Torlinientechnik werde den Job der Schiedsrichter erleichtern.

Alle Kritiker der Torlinientechnik sind jedoch mit dem gestrigen Tag nicht plötzlich verstummt. Bruchhagen grummelte: „Wenn wir bei der Eintracht vor zehn Jahren die Torlinientechnologie eingeführt hätten, hätten wir sie zehn Jahre lang gehabt – ohne sie einmal zu nutzen.“ Und der designierte Präsident des FC Augsburg, Klaus Hofmann, bezeichnete die Entscheidung sogar als „Unfug“ und „zu kurz gedacht“. Hofmann befürwortet die Einführung des Video-Beweises, nicht nur bei Tor-Entscheidungen.

Wer also beunruhigt war, die Zeit der hitzigen Diskussion im deutschen Fußball sei nun vorbei, muss sich keine Sorgen machen. (mit dpa)

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