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Sport: Morgen, nur nicht heute

Michael Preetz bekommt bei Hertha BSC neue Aufgaben

Von Stefan Hermanns

und Michael Rosentritt

Berlin. In schwierigen Zeiten sind kluge Ratschläge günstig zu haben. Dieter Hoeneß erhielt am Montag bei der Mitgliederversammlung den Tipp, er solle doch Michael Preetz zu Herthas Sportdirektor machen. Preetz, der frühere Torjäger des Vereins, arbeitet seit dieser Saison in der Geschäftsstelle des Vereins, er nennt sich Assistent der Geschäftsführung und taucht in der Öffentlichkeit nur noch selten auf. Am 1. Januar wird Preetz neue Aufgaben erhalten. Sportdirektor wird er allerdings nicht. Weil Martin Bader, der Leiter der Lizenzspielerabteilung, zum 1. FC Nürnberg wechselt, übernimmt Preetz einen Teil von dessen Aufgaben. Er wird künftig die Trainingslager und Reisen vorbereiten, um juristische Angelegenheiten soll sich Jochen Sauer kümmern, der bereits seit zwei Jahren für Hertha arbeitet.

An Herthas Basis brodelt es, an der Spitze ist es immer noch still. Manche sagen, zu still. Am Morgen nach der Versammlung begann Trainer Huub Stevens seine tägliche Pressekonferenz mit dem Hinweis: „Ich möchte nur über heute und morgen sprechen, nicht über gestern und vorgestern. Damit das klar ist.“ Die gesamte Profiabteilung scheint von großer Ratlosigkeit ergriffen zu sein. „Was soll ich sagen? Es ist doch schon alles gesagt“, sagt Niko Kovac. Fußballer flüchten in Zeiten wie diesen gerne in den Aberglauben: Torhüter Gabor Kiraly und Verteidiger Dick van Burik wollen sich erst wieder rasieren, wenn Hertha dreimal gewonnen hat. Nach den letzten Auftritten kann das noch lange dauern.

Selbst Dieter Hoeneß, einem ausgebufften Rhetoriker, war es bei der Mitgliederversammlung nicht gelungen, einen Stimmungsumschwung herbeizuführen. „Ich arbeite zu hart, um mir das anhören zu müssen“, schmetterte er vom Rednerpult aus. In Rage gebracht hatten Herthas mächtigsten Mann die vielen kritischen Fragen und Meinungen der Mitglieder. Die Spieler müssen sich all das nicht auch noch anhören. Sie kommen zwar ins ICC, aber bleiben nur kurz.

Am Vormittag hatte Stevens seine Fußballer zum Laufen auf den Teufelsberg geschickt, und auch am Tag nach der Versammlung trainieren die Profis nicht auf dem Fußballplatz. In aller Schnelle hat der Verein 25 Mountainbikes aufgetrieben, mit denen die Fußballer von der Geschäftsstelle aus starten. Nach dem Duschen treffen sich die Spieler zur Videoanalyse der Niederlage in Kaiserslautern. Eine Flucht vor den Fans? Trainer Stevens sagt, dass die Fahrradtour regeneratives Training war, „weil wir gestern so hart trainiert haben“. Es gebe im Training in dieser Woche keine Unterschiede zu sonst. „Ich trainiere immer so, wie das sein muss“, sagt Stevens.

Im ICC bat ein weißhaariger Herr darum, dass „einer die Verantwortung für die gefährliche Entwicklung übernehmen“ müsse. „Unser Problem sitzt auf der Trainerbank“, rief einer. Ein anderer wollte wissen, „welche Vorsorge gegen den Abstieg“ getroffen sei. Schließlich prangerte ein langjähriges Mitglied das „Missmanagement“ an.

Da sei doch vieles „lächerlich“ und „populistischer Käse“, hatte Hoeneß den Mitgliedern geantwortet. Er teilte Herthas Gemeinschaft in „echte“ und „Schönwetter-Fans“ein und sprach von den „typischen Bedenkenträgern“. „Das sind die, die am Saisonende immer wieder zu uns kommen und sagen, dass wir doch alles richtig gemacht haben.“ Für den Geschmack der meisten Mitglieder hielt sich der Manager zu lange an den Erfolgen der Vergangenheit auf. Die Gegenwart streifte Hoeneß kurz: „Hertha wird stärker sein, wenn diese Krise bewältigt ist.“ Aber wann wird das sein?

Ungewollt gab Rupert Scholz, der Vorsitzende des Aufsichtsrats, eine Antwort darauf. „Was Bayern München in 35 Jahren geschaffen hat, können wir nicht in sieben schaffen. Aber wir werden dafür keine 35 Jahre brauchen.“ Angesteckt von diesen Aussichten ging es ins Finale. „Ich wollte mal fragen, ob einer in Richtung Potsdam fährt und mich mitnehmen könnte“, wollte einer wissen. Es war die letzte Wortmeldung des Abends.

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