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Sport: Mühen der Heimkehr

Juventus Turin ist zurück in Italiens höchster Liga

Den Fußballprofis von Juventus Turin war nicht zum Feiern zumute. 5:1 gegen den Abstiegskandidaten Arezzo – ein leichtes Spiel für einen Klub, der 29 Mal Italienischer Meister war. In Turin zogen keine begeisterten Tifosi durch die Straßen. Gut, Juventus hat mit dem Sieg den Wiederaufstieg in die Serie A sicher, drei Spieltage vor Saisonschluss. Aber eine Mannschaft, die 99 Jahre lang ausschließlich dort, ausschließlich ganz oben, mitgespielt hat, die steigt nicht auf, die holt sich nach eigener Überzeugung lediglich den angestammten Platz zurück. Und die gerichtliche Rückstufung in die Zweite Liga, diese – auf juventinisch – „Mutter aller Demütigungen“, die hat bei der Mannschaft, beim Trainer und beim Management Spuren hinterlassen.

So begossen sie ihren Auswärtssieg am Samstagabend keine Viertelstunde lang, und für den Geist, der in diesem Jahr bei Juventus herrschte, sprach die ironische Bemerkung von Vereinspräsident Giovanni Cobolli Gigli: „Ich hoffe, wir haben Sekt aufgetischt und nicht Orangenlimonade, nur um zu sparen.“ 90 Millionen Euro, so rechnet Geschäftsführer Jean-Claude Blanc vor, sind dem Klub durch den Zwangsabstieg in die B-Liga verloren gegangen, das war mehr als ein Drittel (35 Prozent) der geplanten Einnahmen. Der Treibstoffkonzern Tamoil als 20-Millionen-Sponsor ist ausgestiegen, Ausrüster Nike hat um neun Millionen Euro reduziert, und statt 94,5 Millionen für die Fernsehrechte wollte der TV-Konzern Sky nur etwa 80,2 Millionen zahlen.

Dabei kam Juventus Turin noch gut weg. Für die Schiebereien, mit denen der frühere Juve-Chef Luciano Moggi nicht nur die Resultate des eigenen Vereins aufbesserte, sondern mindestens eine Saison der Serie A frisierte, sollten Juventus ursprünglich 30 Strafpunkte aufgebrummt werden. Doch bei den Strafen zeigten die Sportgerichte von Instanz zu Instanz mehr Milde. Am Ende blieben nur die Degradierung in die Zweite Liga und neun Strafpunkte.

In 100 Tagen startet die Serie A neu, wieder mit Juventus Turin. Die Fiat-Familie Agnelli bekennt sich noch zu ihrem „Projekt Fußball“. Sie hält 60 Prozent an Juve und hat kürzlich 63 Millionen Euro in den Klub investiert. Auch den neuen Großsponsor hat man im eigenen Haus gefunden: Fiat gibt etwa 30 Millionen.

Mit der Vergangenheit, versichert man bei den Agnellis, habe man abgeschlossen. Das vor einem Jahr ausgetauschte Management habe mit dem Moggi-Clan nichts mehr zu tun. Doch neulich verplapperte sich der übrig gebliebene Sportdirektor Alessio Secco. Der 36-Jährige soll die neue Juve-Mannschaft zusammenkaufen, wurde dafür anschließend in seiner Kompetenz angezweifelt, erklärte dann aber vor laufenden Kameras: „Diese Kritik lässt mich gänzlich unberührt. Denn auch Luciano Moggi hat mir seine Solidarität versichert.“ Und Moggi selbst sagte im Regionalfernsehen, ab und zu telefoniere er mit seinem Nachfolger, um ihm „ein paar Ratschläge“ zu geben.

Vielleicht sind die nötig. Die Trainerfrage in Turin ist offen: Didier Deschamps denkt offenbar über eine vorzeitige Aufkündigung seines Zweijahresvertrags nach. Torwart Gianluigi Buffon und Stürmer David Trezeguet suchen neue Herausforderungen. Herren des Platzes wie Cannavaro, Emerson, Zambrotta, Thuram, Vieira und Ibrahimovic sind gegangen oder des Geldes wegen verkauft worden. Was Camoranesi und Nedved in der kommenden Saison machen werden, ist noch offen. Ein Aufstieg reicht Juventus eben nicht zur großen Feier.

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