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Nachruf: Günter Mast: Der Platzhirsch

Günter Mast ist tot. Als Jägermeister-Chef und Eintracht-Braunschweig-Sponsor führte der Unternehmer die Trikotwerbung in der Bundesliga ein - und dachte sich einen legendären Werbespruch aus. Ein Nachruf.

Die Stimmung war ziemlich mies. Draußen, im Braunschweiger Stadion, murrten die Fans, ihre Eintracht hatte in der ersten Halbzeit ziemlich schaurig gespielt, und drinnen, in der Kabine, hockten die Braunschweiger Fußball-Profis irgendwann in den 70er-Jahren und starrten ins Leere. Da knallte die Tür auf, Günter Mast, der Eintracht-Präsident, stampfte herein und setzte mit strengem Blick zu einer Rede an. Nach drei Sekunden war Schluss. Branko Zebec hatte die Kabine betreten, blickte noch viel strenger, dann herrschte der Trainer seinen Chef an: „Was machen Sie hier? Das ist mein Bereich. Kümmern Sie sich ums Finanzielle.“ Mast drehte sich um und verschwand.

„Er kam nie wieder in die Kabine“, sagt Bernd Franke. Er war damals Torhüter des Bundesligisten. Jetzt lacht er. „Zebec hat ihn regelrecht rausgeworfen.“

Das hätten sich nur sehr wenige getraut. Mast war nicht bloß Präsident. Er war Patriarch, Alleinherrscher bei der Eintracht, Alleinherrscher bei seinem Unternehmen, dem Produzenten des Kräuterlikörs „Jägermeister“.

In seiner Wahrnehmung war Mast ein kleiner Gott.

Jetzt ist er tot, gestorben mit 84 Jahren, einer dieser kantigen Typen, die es im Fußball und in der Wirtschaft gab. Mast war nie Miteigentümer der Firma, die gehörte anderen Familienmitgliedern, aber er war trotzdem der Chef. Keiner hatte so exzellente PR-Ideen wie er.

Mast überwies der Eintracht viele Jahre lang eine Menge Geld, von 1983 bis 1987 war er sogar Präsident. Und mit zwei Aktionen katapultierte er die Eintracht unvergesslich in die Schlagzeilen.

Er ließ 1973 das Jägermeister-Logo auf die Eintracht-Trikots setzen, damit war er der erste Trikotsponsor der Bundesliga. Das Logo war ein paar Zentimeter größer als erlaubt, „das wusste er natürlich“, sagt Franke. Aber Mast weigerte sich, es zu verkleinern. „Damit hielt er die Namen Jägermeister und Braunschweig wochenlang in den Schlagzeilen. Der hat mal erzählt: ,Die Werbung, die ich dadurch hatte, hätte ich nie bezahlen können’“, sagt Franke. Ihn als Spieler hat das Theater ums Logo nie gestört, Braunschweig war ja in ganz Europa ein Begriff.

Franke hatte mehr Probleme mit dem zweiten PR-Coup des Günter Mast. Der Patriarch holte 1977 Nationalspieler Paul Breitner von Real Madrid. Eine Diva in der niedersächsischen Provinz. „Der hatte Sonntag bis Mittwoch frei“, erzählt Franke. „Und wenn er kam, dann eine Viertelstunde vor dem Training. Danach verschwand er sofort.“ Frankes sportliche Wertschätzung für Breitner hält sich ohnehin in Grenzen. „In der Saison, bevor er kam, hatten wir den Titel knapp verpasst. Als er da war, wären wir fast abgestiegen – mit dem gleichen Team.“ Nach einer Saison ging Breitner wieder.

Bernd Franke sorgte freilich auch dafür, dass er selber nicht zu kurz kam. 1983 dachte er ans Aufhören, aber Mast wollte ihm unbedingt einen neuen Vertrag geben. Okay, sagte Franke, aber zum bisherigen Gehalt. Da stöhnte Mast, er jammerte, er schilderte die düstere Situation des Klubs. Das gleiche Gehalt? Das geht nicht. Aber ein Abschiedsspiel, das wäre zu machen. „Er gab nicht nach, obwohl ich die besseren Karten hatte“, sagt Franke. Und irgendwann ging das Jammern in ein Knurren über. „Sie hören von mir“, sagte Mast. Ein paar Tage später unterschrieb Franke. Zu gleichen Bezügen. „Aber er hatte hart verhandelt“, sagt Franke. Logisch, schließlich verkündete der Patriarch immer wieder markig: „Nichts ist schwerer, als an anderer Leute Geld zu kommen.“ Hart verhandelt hatte Mast immer, Widersprüche war er nicht gewohnt.

Er hatte die großen Ideen, er erwartete Gefolgschaft. Eine Idee war, ein Pferd umzutaufen. Nicht irgendeines natürlich, ein Edelexemplar von Springreiter-Star Hans-Günther Winkler musste es schon sein. Auf den Parcours trabte ab sofort „Jägermeister“.

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