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Nationalelf

© dpa

Nationalmannschaft: Alles fit

Bundestrainer Joachim Löw bittet die Nationalspieler zum ersten Leistungstest seiner Amtszeit. Unter Klinsmann hätte es dafür noch eine Beschwerde der Vereinstrainer gegeben. Doch Joachim Löw versteht es, sie mit schönen Worten zu besänftigen.

Die alten Reflexe funktionieren also noch. Der Bundestrainer meldet sich zu Wort, und schon fliegen ihm die Verwünschungen aus der Bundesliga um die Ohren. Von wegen unangemessene Einmischung und so. Dass das Reaktionsvermögen der Liga immer noch bestens ist, hat sich vor zwei Wochen gezeigt, als Joachim Löw über das gemeingefährliche Zweikampfverhalten des deutschen Fußball klagte. Der Angriff des Bundestrainers erfolgte mitten hinein in eine Phase des fortwährenden Friedens, und dass das Reizklima zwischen der Nationalmannschaft und der Bundesliga in der Tat ein bisschen verkümmert ist, zeigt sich erst recht in diesen Tagen. Der Bundestrainer bittet zum Fitnesstest – und niemand mosert.

Unter Löws Vorgänger Jürgen Klinsmann war der Fitnesstest noch der Quell allgemeinen Ungemachs. Die Sprint-, Ausdauer- und Koordinationsübungen wurden von den Vereinstrainern als übertriebene Belastung der Spieler gewertet, vor allem aber als Ausdruck des Misstrauens in ihre Arbeit. Zudem galt die Heranziehung amerikanischer Experten als Beleg für die Rückständigkeit des deutschen Fußballs. Von all dem ist keine Rede mehr. „Eine Überbelastung ist nicht zu befürchten“, sagt Tim Meyer, der Arzt der Nationalmannschaft. Auch deshalb nicht, weil der Ausdauertest auf den November verschoben wurde. Die offizielle Begründung lautet: Die Spieler hätten derartige Tests erst vor kurzem in ihren Vereinen absolviert.

Inoffiziell ist es eher so, dass sich der Bundestrainer nicht dem Vorwurf aussetzen will, die Spieler vor dem Qualifikationsspiel in Wales (Samstag, 20.30 Uhr MESZ) über Maßen zu belasten. Klinsmann hat darauf keine Rücksicht genommen: Er hat seine Vorstellungen konsequent durchgezogen und allein die Weltmeisterschaft als relevante Bezugsgröße für seine Entscheidungen akzeptiert. Der Weg war für ihn nie das Ziel. Allerdings musste Klinsmann auch keine Qualifikationsspiele bestreiten.

Gutes Klima rund um die Nationalmannschaft

Dass der Fitnesstest inzwischen kein öffentliches Ärgernis mehr ist, hängt auch mit dem freundlichen Makroklima rund um die Nationalmannschaft zusammen. In der WM-Saison stand Klinsmann wegen der dürftigen Auftritte seiner Mannschaft dauernd in der Kritik; Löw hingegen steht für den sportlichen Aufschwung. Er gerät damit auch in einen Gegensatz zu seinem früheren Vorgesetzten, den es so nie gegeben hat: Joachim Löw war immer ein wesentlicher Bestandteil des Systems Klinsmann und vor allem ein loyaler Zuarbeiter.

„Wir wollen ähnlich wie vor der WM 2006 alles tun, um beim Turnier in optimaler Verfassung zu sein“, sagt der Bundestrainer. 27 Spieler, von der Nachwuchshoffnung Manuel Neuer bis zum angehenden Ex-Nationalspieler Oliver Neuville, haben sich gestern in Köln dem Test unterzogen, dem ersten in Löws Amtszeit. Der Stuttgarter Verteidiger Serdar Tasci (Adduktorenprobleme) musste kurzfristig absagen. Seinen Platz im Kader für das Spiel in Wales wird David Odonkor einnehmen.

„Es ist für die weitere Trainingssteuerung sehr wichtig, dass wir detaillierte Daten über den Fitnesszustand jedes Spielers vorliegen haben“, sagt Löw. Mannschaftlich habe man inzwischen eine Grenze erreicht, „jetzt können wir uns eigentlich nur noch steigern, wenn die Spieler individuell besser werden“. Bei Klinsmann wäre ein solcher Satz vermutlich wieder als Kritik am Ist-Zustand und den dafür verantwortlichen Vereinstrainern aufgefasst worden, Löw aber versteht es, seine Einwände jovial zu verpacken. Vermutlich war es kein Zufall, dass die sportliche Leitung der Nationalelf die Bundesligatrainer am Tag vor dem Fitnesstest zur Trainertagung geladen hat. Friedhelm Funkel und Ottmar Hitzfeld, die schärfsten Kritiker an Löws Kritik am Zweikampfverhalten in der Liga, haben ihre Kritik nach der Tagung übrigens zurückgezogen.

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