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Alle Augen sind auf die Bundesliga gerichtet. Hier befinden sich Leverkusens Kai Havertz (links) und Dortmunds Dan-Axel Zagadou im Zweikampf.

© imago images/Norbert Schmidt

Neidische Blicke der Konkurrenz aus dem Ausland: Die Bundesliga im Fokus

Wenn in Deutschland der Ball wieder rollt, werden die Verantwortlichen anderer großer Ligen genau hinsehen. Sie wollen dem Beispiel folgen. Ein Überblick.

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Dieses Szenario haben sich die Verantwortlichen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) vor der Coronavirus-Krise wohl nur in ihren kühnsten Träumen ausgemalt. Wenn am nächsten Wochenende die Bundesliga wieder spielen wird, werden die Fußball-Fans Europas gebannt auf Deutschland schauen. Die Bundesliga ist dann die erste der großen Ligen, die mit Geisterspielen den Neustart wagt.

„Die Augen, Ohren und Fernbedienungen der Welt werden auf die Bundesliga gerichtet sein“, schreibt die „Times“ aus London. Die italienische Zeitung „La Repubblica“ sieht die Bundesliga gar als „Lokomotive“ und der Uefa–Präsident Aleksander Ceferin frohlockt: „Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland uns allen ein leuchtendes Beispiel dafür geben wird, wie wir den Fußball wieder in unser Leben zurückbringen können.“

Und diesem leuchtenden Beispiel wollen sich demnächst auch die anderen großen Ligen anschließen, sofern wie in Frankreich oder den Niederlanden die Saison nicht schon abgebrochen worden ist. Die Färöer sind der Bundesliga zwar zuvorgekommen und haben bereits am Samstag wieder losgelegt, aber sie sind eher nicht der Standard für Europas Ligen. Hier ein Überblick über die Situation von der Premier League bis zur Primera Division.

ENGLAND

Jürgen Klopp hat bereits zugegeben, er schaue neidisch auf die Situation in Deutschland. Dem Trainer des FC Liverpool fehlen eigentlich nur noch zwei Siege zum ersten Meistertitel seines Klubs seit 1990. Und die Chance, dass Liverpool diesen lang ersehnten Titel doch noch auf dem Rasen holen kann, wird immer wahrscheinlicher. Großbritanniens Regierung soll einen Neustart der Premier League Mitte Juni unterstützen.

Es wird noch dauern, bis Trainer Jürgen Klopp und der FC Liverpool wieder spielen.
Es wird noch dauern, bis Trainer Jürgen Klopp und der FC Liverpool wieder spielen.

© imago images/Action Plus

An diesem Sonntag will Premierminister Boris Johnson seine Pläne für die Lockerungsmaßnahmen vorstellen. Schon am Montag könnten die Liga-Verantwortlichen dann in einer Videokonferenz entscheiden, wie es weitergehen soll.

Doch nicht alle Beteiligten sind vom „Project Restart“ überzeugt. Großbritannien hat die meisten Todesopfer durch das Coronavirus in Europa. Entsprechend kritisch werden die Pläne für den Fußball betrachtet. An dem vorliegenden Sicherheitskonzept der Liga sollen mehrere Vereinsärzte große Zweifel geäußert haben.

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Auch die Vertragssituation der Profis ist in vielen Fällen ungeklärt, da die Verträge von rund 80 Spielern Ende Juni auslaufen und die Saison nun wohl bis Ende Juli gehen soll. Ein weiterer Knackpunkt ist der Plan, den Rest der Spielzeit an neutralen Orten auszutragen.

Dagegen regt sich in Teilen der Liga Widerstand. Vereine in der unteren Tabellenhälfte sehen sich auch bei Geisterspielen um ihren Heimvorteil gebracht und wittern Wettbewerbsverzerrung.

In einem anderen Punkt können aber die deutschen Fans neidisch auf die Premier League blicken: Ein Großteil der noch ausstehenden Spiele soll offenbar live im Free-TV laufen.

ITALIEN

Die vergangenen zwei Monate hatte Cristiano Ronaldo in Portugal auf seiner Heimatinsel Madeira verbracht. Am vergangenen Dienstag ist der Superstar von Juventus dann mit dem Privatjet in Turin gelandet – und begab sich sofort in 14-tägige Quarantäne. Danach, konkret ab dem 18. Mai, darf in den Vereinen das Gruppentraining aufgenommen werden.

Die italienische Liga will auf jeden Fall wieder spielen. Das läge in der Natur der Dinge, sagte Serie-A-Chef Paolo Dal Pino Anfang Mai: „Es wäre gegen unsere Natur, das Gegenteil zu behaupten.“ Demnach seien alle Klubs für die Austragung der zwölf offenen Spieltage.

Allerdings klingen die öffentlichen Äußerungen mitunter ganz anders, vor allem bei Brescia Calcio. Dort hat man sich schon mehrmals für eine Beendigung der Saison ausgesprochen. Brescia und Bergamo, beide in der Lombardei gelegen, sind die am stärksten vom Coronavirus betroffenen Städte in Italien. Tausende Menschen sind gestorben.

„Wir alle kennen jemanden, der direkt von der Tragödie getroffen wurde. Wir haben erfahren, wie schnell eine Familie zerstört werden kann“, sagte Kapitän Daniele Gastaldello der Zeitung „La Repubblica“. Er und seine Teamkollegen hätten Angst, ergänzte der 36-Jährige mit Blick auf die anstehende Wiederaufnahme des Trainings.

Ob dem Trainingsstart auch wirklich der Neustart der Liga folgt, ist offen. Sportminister Vincenzo Spadafora sagt, dass er die Spielzeit nicht abbrechen will. Dämpft aber gleichzeitig die Hoffnungen der Klubs auf eine Fortsetzung. Bis Ende Mai soll es eine Entscheidung geben, ob gespielt wird. Wann es losgehen würde, ist dann noch einmal eine ganz andere Frage.

SPANIEN

Auch in Spanien tasten sich die Klubs der Primera Division langsam wieder an einen Trainingsbetrieb heran. Am vergangenen Mittwoch fuhren die meisten Spieler zum ersten Mal nach knapp zwei Monaten wieder in die Trainingszentren ihrer jeweiligen Vereine und wurden auf das Coronavirus getestet werden.

Zunächst sollen die Spieler allein trainieren, später in immer größer werdenden Gruppen. Die Liga-Verantwortlichen hoffen darauf, die Saison zwischen dem 14. und 28. Juni fortsetzen zu können. Einen festen Termin gibt es noch nicht.

Der Neustart soll natürlich unter strengen Sicherheitsauflagen erfolgen. Doch die Leiterin der Obersten Sportbehörde Spaniens, Irene Lozano, hatte zuletzt gesagt, es sei derzeit noch „unmöglich, einen Termin für die Wiederaufnahme der Wettbewerbe festzulegen“.

Man müsse abwarten, „wie sich alles weiter entwickelt, darunter auch die Zahlen der Corona-Pandemie“. Mit rund 26.000 Toten und mehr als 220.000 Infektionsfällen ist Spanien eines der von der Pandemie am schwersten betroffenen Länder.

Weil die Zahlen aber seit Wochen immer besser werden, drängt Spaniens Liga-Chef Javier Tebas darauf, den Spielbetrieb demnächst wieder aufzunehmen.

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Seine Begründung dafür klingt übrigens sehr ähnlich zu den Beteuerungen der deutschen Profifußball-Vertreter: „Eine Rückkehr des Fußballs ist ein Zeichen, dass die Gesellschaft sich Richtung Normalität entwickelt. Es wird einen Teil des Lebens zurückbringen, den die Menschen in Spanien und der ganzen Welt lieben.“

SCHWEDEN

Es heißt, die Schweden verhalten sich in der derzeitigen Krise ganz außergewöhnlich, und die Politik sei die Frage eines Lockdowns weniger entschlossen angegangen als der Rest der Welt. Das stimmt natürlich alles nur so halb. Sagen die Schweden selbst. Der „Schwedische Weg“, das sei eine Wortschöpfung aus dem Ausland.

Zumindest bestätigt das der Kontakt zwischen der Gesundheitsbehörde und der schwedischen Fußball-Liga: Seitdem der Liga-Start Mitte April abgesagt wurde, gab es nämlich keinen, das Amt hatte schlicht keine Zeit.

Erst die deutsche Entscheidung zur Bundesliga brachte nun Schwung in die Sache. Am vergangenen Freitag kam es relativ spontan zu einer Verabredung, und Liga-Chefs konnten der Gesundheitsbehörde ihr Konzept zur Realisierung eines Spielbetriebs vortragen. Eine konkrete Entscheidung gab es da aber noch nicht, ein weiteres Treffen ist nun für Ende nächster Woche geplant.

Eine Trainingseinheit von Malmö FF am vergangenen Freitag.
Eine Trainingseinheit von Malmö FF am vergangenen Freitag.

© imago images/Bildbyran

Die Überlegungen sehen bei den Frauen nun einen Saisonauftakt zum 31. Mai vor, bei den Männern zum 14. Juni, zuvor sollen noch die Pokalspiele der letzten Saison nachgeholt werden. Das Vorgehen ist in fünf Phasen eingeteilt.

Die erste Phase sieht ein Training mit Körperkontakt vor, Phase zwei Trainingsspiele, dann soll es losgehen mit den ersten regulären Partien noch ohne Zuschauer. Phase vier sieht ein begrenztes Publikum vor. In Phase fünf gibt es keine Beschränkung der Zuschauerzahl mehr. Die Verantwortlichen der Liga glauben fest an diesen Plan – immer jedoch in enger Abstimmung mit den Gesundheitsämtern. Der „Schwedische Weg“ eben.

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