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Sport: Neue Strömungen im Norden

Reinhardts Eigentor könnte Trainer Doll den Job beim HSV kosten

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Berlin - Das Auslaufen am Tag nach dem Spiel gehört beim Hamburger SV zur Routine. Schweigend drehten die Profis am Sonntagmittag neben der AOL- Arena ihre Runden, kein Scherz lockerte die gedrückte Stimmung. „Ist doch klar, dass nach der Geschichte in Aachen keiner jubelnd und jauchzend über den Platz läuft“, sagte Jörn Wolf, der HSV-Sprecher, und zeigte Verständnis für das in sich gekehrte Verhalten der fußballspielenden Belegschaft. Unterschwellig quälte die Profis die eigentlich paradoxe Frage, ob ein Fußballspiel auch mal mit einer 3:3-Niederlage enden kann? Für den HSV ist nichts unmöglich. 3:1 hatte die Mannschaft nach 75 Minuten beim Aufsteiger Alemannia Aachen geführt, am Ende sprang mit dem 3:3 wieder nur eine dieser gefühlten Niederlagen heraus. Ein Kopfball-Eigentor von Bastian Reinhardt in letzter Minute hatte dem HSV die Stimmung verhagelt.

„Ich wollte den Ball doch nur wegköpfen“, entschuldigte sich Reinhardt bei den Mitspielern. Er wusste aber auch: „Dieses Eigentor passt irgendwie ins Bild von dieser Hinrunde.“ Der HSV bleibt stark absturzgefährdet. Vorletzter in der Tabelle, schon vier Punkte Rückstand auf den rettenden 15. Rang, in 17 Bundesligaspielen gelangen der Elf zwar zehn Unentschieden, aber es sprang auch nur ein Sieg heraus. Ein Bild des Schreckens.

Dass jetzt auch noch Bastian Reinhardt seine Mannschaft um die drei Punkte bringt, machte den HSV fast sprachlos. „Ich bin, ehrlich gesagt, ratlos im Moment“, stammelte Abwehrspieler Volker Schmidt. Reinhardt galt bisher als verlässlichste Stütze in einer derzeit restlos verunsicherten HSV-Elf. Der 31-Jährige ist einer, der nicht nur auf, sondern auch neben dem Spielfeld Verantwortung übernimmt. Reinhardt nahm sein Malheur als eine für den HSV in dieser Saison fast typische Schicksalsfügung. „Jeder von uns kriegt in dieser Hinrunde irgendwie seinen Nackenschlag ab“, sagte er.

Die trostlose Bilanz des HSV verlangt fast zwangsläufig Konsequenzen. „Wir setzen uns in dieser Woche zusammen, werden alles genau analysieren und uns dann neu aufstellen“, kündigt Vorstandschef Bernd Hoffmann an. Noch vor Weihnachten soll geklärt sein, ob Trainer Thomas Doll weiter beschäftigt wird. Die Mannschaft wäre dafür. Abwehrspieler Joris Mathijsen sagte: „Ich habe Respekt davor, wie er seinen Beruf ausübt. Er ist immer noch heiß.“ Unterstützt wurde diese Ansicht sogar von der Gegenseite. Aachens Stürmer Jan Schlaudraff merkte an: „Es würde dem Verein und der ganzen Bundesliga gut tun, wenn man so einem Trainer weiter vertraut.“

Doll selbst, nach Rücktrittsabsichten befragt, stellt nur fest: „Es sind viele Dinge auf mich eingeströmt in letzter Zeit.“ Wirft er freiwillig hin, mindert der HSV seinen Abschiedsschmerz mit einer vertraglich zugesicherten Abfindung in Höhe von 600 000 Euro. Beschließt aber das Präsidium die Entlassung, dann bekommt der Trainer 900 000 Euro. Das „Hamburger Abendblatt“ spekulierte bereits, dass Ottmar Hitzfeld das Traineramt zumindest bis Saisonende übernehmen würde. „Kein Interesse“, dementierte Hitzfeld postwendend im ZDF.

Thomas Doll hat jedenfalls schon mal festgelegt, dass die Winterpause für die HSV-Profis um eine Woche verkürzt wird. Alle müssen sich schon am 27. Dezember wieder zum Training einfinden – unter welchem Übungsleiter auch immer. Alle? Der HSV setzt darauf, dass dann auch wieder die Langzeitverletzten Kompany, Demel, Sorin, de Jong und Wicky - allesamt Nationalspieler - rettend ins Geschehen eingreifen. Spielmacher Rafael van der Vaart wird dagegen wegen seiner Rot-Sperre in den ersten beiden Rückrundenspielen in Bielefeld und zu Hause gegen Cottbus noch fehlen.

„Das ist eine ganz harte Schule, durch die wir jetzt gehen“, sagt Reinhardt, den Ernst der Lage erkennend. „Das kann ja so bei uns nicht weitergehen“, sagt er. Und was muss sich konkret ändern? Dazu fällt auch Bastian Reinhardt nichts ein.

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