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Neues DFB-Trikot: Leichter Stoff, millionenschwer

Der Deutsche Fußball-Bund und Sportartikelhersteller Adidas machen wohl ein Rekord-Geschäft mit dem neuen WM-Trikot der Nationalmannschaft. Heute Abend feiert es gegen Italien seine Permiere.

Seit rund zehn Tagen löst die Bewertung des offenbar wichtigsten Kleidungsstücks der Nation heftige Kontroversen aus. Beim heutigen Länderspiel gegen Italien in Mailand (20.15 Uhr, live bei ZDF) präsentieren sich die deutschen Fußball-Nationalspieler erstmals im neuen, umstrittenen Trikot. Das Hemd mit dem Brustbalken in drei verschiedenen Rottönen polarisiert Fans und Mode-Experten. Aber auch der Stilbruch, dass die Hose nicht mehr schwarz, sondern weiß ist, löst alles andere als einhellige Begeisterung aus. Die Skala der Urteile reicht vom nicht zu akzeptierenden Traditionsbruch bis zur Begeisterung über eine frische Neuheit.
Fest steht schon kurz nach dem Verkaufsstart: Das Trikot, das den Nationalspielern für die WM 2014 auf den Leib geschneidert wurde, wird ein Millionengeschäft. Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und den Hersteller Adidas, der sogar auf eine Rekordeinnahme hoffen darf. Noch liegt die Bestmarke bei 1,5 Millionen verkauften Stück aus dem Jahr 2006.

Am Dienstag sollte Mesut Özil, gerade erst für ein Millionen-Honorar von Adidas bei Nike abgeworben, für das neue Outfit werben, aber der Arsenal-Star war verschnupft in London geblieben. Zusammen mit dem bei jungen Fans populären Schalker Julian Draxler wurde daraufhin der Münchner Thomas Müller in der neuen Spielkleidung auf eine Bus-Promotionstour durch München geschickt.

Auf einen großen Medientermin zur Vorstellung wie früher verzichteten die PR-Strategen. Das Trikot wurde im Internet mit einer digitalen Fan-Choreographie lanciert. „Wir wollten Spannung erzeugen“, sagt Adidas-Sprecher Oliver Brüggen. „Maßgabe war es, das Trikot durch unsere junge Zielgruppe und auf innovative Weise zu veröffentlichen“, betont Brüggen.

Dieser weiße Stoff wird dem DFB Millionen bringen

Von guten Verkaufszahlen ist Adidas ebenfalls überzeugt. „Das Trikot der Nationalelf ist mehr als nur ein Sportartikel. Es hat sich zu einem Lifestyle-Produkt entwickelt“, sagt Brüggen. Beim Sport wird es seltener getragen. Meist an Länderspieltagen oder zu anderen besonderen Anlässen ziehen es die Besitzer als Bekenntnis zur deutschen Elf an. Allerdings kann ein Trikot auch zum Symbol für eine blamable WM oder EM werden.

„Dieses Trikot ist eine Kampfansage. Das Rot ist aufregend, es symbolisiert: Wir wollen es jetzt wissen. Es ist aktiv, aggressiv, aber nicht unangenehm“, sagt der Farbpsychologe Harald Braem der Münchner „Abendzeitung“. Das Hemd mit dem roten Brustring würde auch gut zum VfB Stuttgart passen. Von den Deutschlandfarben blieb das Gold abgesehen von einem dünnen Streifen auf der Strecke. In Internet-Fanforen hieß es, „Blinde“ wären als Designer am Werk gewesen. „Hässlich. Damit verlieren wir sogar ein Elfmeterschießen gegen England“, lautete eine der wenig freundlichen Reaktionen.

Dieser weiße Stoff wird dem DFB Millionen bringen. Doch verglichen mit den großen Vereinen kassiert der Verband von Adidas ein fast bescheidenes Jahreshonorar, das Experten auf 15 Millionen Euro taxieren. Adidas sponsort Bayern München, den FC Chelsea, Real Madrid, AC Mailand und Olympique Marseille Top-Klubs aus allen großen Ligen Europas. Madrid kassiert laut Branchenangaben 36 Millionen pro Saison. Diese Großklubs verkaufen eine Million Trikots und mehr pro Jahr, beim DFB bezieht sich diese Zahl auf den Zwei-Jahres-Rhythmus. Deswegen ist Puma offenbar bereit, beim FC Arsenal die Konkurrenz von Nike auszustechen und 200 Millionen Euro für fünf Jahre zu zahlen. Nike, der weltgrößte Sportartikler aus den USA, buhlt wiederum um eine Fünf-Jahres-Vertragsverlängerung bei Manchester United und soll bereit sein, 70 Millionen Euro pro Saison zu zahlen.

Gregor Derichs

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