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© dpa

Neujahrsspringen: Loitzl siegt, Schmitt Achter

Der ewige Zweite Wolfgang Loitzl siegt in Garmisch-Partenkirchen und führt nun in der Vierschanzen-Tournee

Eigentlich hätte es sich der Reporter sparen können, Wolfgang Loitzl nach seinem Wunsch für das neue Jahr zu befragen. Sechsmal ist der österreichische Skispringer in seiner Karriere auf Platz zwei im Weltcup gelandet, viermal alleine in dieser Saison. Natürlich, wollte man dem Reporter zurufen, wird sich der 28 Jahre alte Familienvater wünschen, endlich erstmals ein Springen zu gewinnen. Was aber antwortete Wolfgang Loitzl? „Ich will im nächsten Jahr wieder öfters mit meiner Harley Davidson fahren.“ Vielleicht hatte er geahnt, wie das neue Jahr für ihn beginnen würde.

Nach nur 16 Stunden hat das Jahr 2009 Wolfgang Loitzl den größten Erfolg seiner Karriere gebracht. Der Österreicher gewann mit Weiten von 134,5 und 136,5 Metern das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen. Weil er beim zweiten Flug auch die optimale Zahl von 60 Punkten für vorbildliche Haltung und Telemark-Landung erhalten hatte, schlug er mit 1,7 Punkten Vorsprung den Schweizer Simon Ammann. Wolfgang Loitzl, der im österreichischen Team „Wuff“ genannt wird, schrie bei der Siegerehrung die Freude aus sich heraus. Der österreichische Cheftrainer Alexander Poitner erkannte den sonst so zurückhaltende Springer nicht mehr wieder. „Das war ein emotionaler Orgasmus“, sagte er. In der Gesamtwertung führt Wolfgang Loitzl mit nur 0,5 Punkten vor Simon Ammann und seinem Landsmann Gregor Schlierenzauer, der 23,8 Punkte zurückliegt.

Martin Schmitt aber muss weiter warten, bis sein wichtigster sportlicher Wunsch in Erfüllung geht. Der 30 Jahre alte Deutsche sehnt sich nach einer Podestplatzierung, nachdem es in dieser Saison bereits zu drei vierten Plätzen gereicht hatte. Nach dem ersten Durchgang hatte es auch sehr gut ausgesehen, nach einem Flug auf 135 Meter belegte er Rang drei. Im zweiten Durchgang enttäuschte er jedoch mit 124,5 Meter und Platz acht seine Fans – und vor allem sich selber. „Ich habe angegriffen, es ist nicht aufgegangen, mehr kann man nicht machen“, sagte Schmitt, „die Enttäuschung ist riesig, man will einfach den nächsten Schritt machen.“ In der Gesamtwertung ist er auf Rang sechs zurückgefallen. Der Bundestrainer glaubt, dass die Situation vor dem zweiten Sprung psychologisch schwierig war. „Er will es unbedingt, da ist es nicht einfach für ihn, am Schanzentisch entspannt zu sein“, sagte Werner Schuster.

Martin Schmitts Leistungsrenaissance hatte 26 000 Zuschauer ins Olympiastadion gelockt. Zwar sind die kreischenden Girlies längst verschwunden, die vor acht Jahren die fliegende Boygroup Martin Schmitt, Sven Hannawald und Dieter Thoma bewundert hatten. Und auch jene männlichen Witzbolde, die einst das Plakat „Martin, ich will ein Kind von dir“ trugen, sind verschwunden. Dafür hat sich eine neue Glaubensgemeinschaft versammelt. Sie ist fest davon überzeugt, dass die erfolglosen Jahre des Martin Schmitt vorüber sind, wie auf einer Fahne nachzulesen war: „Martin, wir glauben an dich.“ Bundestrainer Werner Schuster empfiehlt, Wolfgang Loitzl zum Vorbild zu nehmen. „Er hat viele Jahre auf den heutigen Tag gewartet, da werden wir es auch abwarten können, bis Martin Schmitt wieder auf dem Podest steht.“

Zuversicht strahlte auch Simon Ammann aus, obwohl er trotz des weitesten Sprungs auf 140 Meter im ersten Durchgang den Sieg und Platz eins in der Gesamtwertung verloren hat. Vorerst. „Der Sprung im zweiten Durchgang war im ersten Teil zu verwackelt“, sagte der Schweizer. Auch Platz zwei kommt ihm nicht ungelegen. „Das ist eine gute Ausgangslage“, sagte Ammann.

Mit dem bevorstehenden Umzug der Vierschanzen- Tournee nach Österreich, spitzt sich auch das Duell zwischen dem Schweizer und den Österreichern Wolfgang Loitzl und Gregor Schlierenzauer zu. Der österreichische Cheftrainer beschwerte sich darüber, dass Ammann den Qualifikationssprung ausgelassen hatte. „Damit hat er Öl ins Feuer gegossen“, sagte Alexander Poitner. Somit hatte Schlierenzauer im K.o-Springen gegen Ammann antreten müssen – und war bei ungünstigen Umständen Gefahr gelaufen, nicht den zweiten Durchgang zu erreichen und aus der Tourneewertung zu fallen. Ein Grund womöglich, warum der Favorit erneut nur auf Rang vier gesprungen ist.

Wolfgang Loitzl hingegen weiß nun, wie man Springen gewinnt und traut sich Größeres zu: die Vierschanzen-Tournee zu gewinnen. „Ich springe in der Form meines Lebens“, sagte er. „ich glaube, dass ich es schaffen kann.“ Gut möglich also, dass der Ritt auf der Harley seit gestern nicht mehr Wolfgang Loitzls sehnlichster Wunsch für 2009 ist.

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