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Feindschaftsanfrage. Fans von Eintracht Braunschweig machten im Hinspiel klar, was sie von den Vereinsinsignien der Hannoveraner Nachbarn halten.

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Niedersachsen-Derby Braunschweig - Hannover: Tote Lämmer am Zaun

Im Derby Braunschweig gegen Hannover geht es um mehr als Fußball und Abstiegskampf. Zum Spiel wurden 3300 Einsatzkräfte der Landes- und Bundespolizei abgestellt. Vor der Partie gab es wieder eine Geschmacklosigkeit.

Von Christian Otto

Seine Versuche, Mut und Entschlossenheit vorzuleben, kamen nicht zur Geltung. Immer wieder musste Tayfun Korkut Nachfragen rund um ein Fußballspiel beantworten, vor dem das Sportliche in den Hintergrund gedrängt worden ist. Der Cheftrainer von Hannover 96 konnte nicht verbergen, dass ihn das Getöse vor dem Niedersachsenderby der Bundesliga heute bei Eintracht Braunschweig (15.30 Uhr) auf die Nerven geht. Zu den traurigsten Begebenheiten, die die große Rivalität mit sich bringt, gehört mit unappetitlichem Abstand: ein totes Lamm. Weil Unbekannte das mit den 96-Vereinsfarben besprühte Tier an einem Zaun des Trainingsgeländes in Hannover aufgehängt haben, ermittelt die Polizei wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Und befürchtet, dass diese abscheuliche Tat – vermutlich eine Weiterentwicklung des Schweins mit Hannover-Schal vor dem Hinspiel – nur ein Vorgeschmack auf eine von Ärger überlagerte Partie war.

3300 Einsatzkräfte

Nur noch fünf Punkte Abstand weist Hannover zu den Abstiegsrängen auf. Es gibt bessere Gelegenheiten als ein Auswärtsspiel in Braunschweig, um den Negativtrend zu stoppen. Angesichts der Brisanz ist nicht mit einem normalen Spiel zu rechnen. Nach zahlreichen Ausschreitungen und dem Einsatz von Pyrotechnik im Hinspiel (0:0) müssen beide Vereine erneut mit Zwischenfällen rechnen.

Landes- und Bundespolizei rücken mit 3300 Einsatzkräften zu der Begegnung an, die nur 23 200 Zuschauer im Stadion miterleben können. Rund 2200 Gästefans reisen auf umstrittene Weise an, weil sich Hannover 96 nach Rücksprache mit dem niedersächsischen Innenministerium entschieden hat, Eintrittskarten nur in Verbindung mit einer vorgeschriebenen Busreise abzugeben.

Konstellationen wie diese, gegen die mehrere 96-Fans geklagt haben, sorgen für zusätzlichen Zündstoff. Obwohl Korkut sich alle Mühe gibt, möglichst viele Störfaktoren auszublenden, wird er ständig mit der besonderen Brisanz des 29. Spieltages konfrontiert. "Wir steigen nicht ab. Und ich darf nicht ständig grübeln, sondern muss machen", beteuert der 40-Jährige.

Großes Flattern in Hannover

Wie es dazu kommen konnte, dass Hannover 96 im Gastspiel beim Tabellenletzten nicht mehr die Rolle des Favoriten zugesprochen wird, möchten viele Anhänger des in den vergangenen drei Jahren recht erfolgreichen Vereins erklärt bekommen. Aber in Korkuts Team findet sich kein Wortführer, der überzeugend auftritt. In Hannover hat das große Flattern begonnen. Bei Eintracht Braunschweig dagegen, das von fünf Heimspielen in der Rückrunde nur eine Partie verloren hat (1:2 gegen Borussia Dortmund), ließe sich in diesen Tagen eine nicht enden wollende Polonäse mutiger Kicker bilden.

Was in dieser Saison wirklich zählt, daran sind beide Klubs von ihren Fans zuletzt eindringlich erinnert worden. Nach der 1:2-Heimniederlage gegen Werder Bremen hatten die Anhänger von Hannover 96 Transparente mit der Aufschrift "Wir wollen den Derbysieg" und "Für den Sieg gibt es keinen Ersatz" ausgerollt. Die Wünsche für das vermeintlich wichtigste Spiel der Saison werden von einer Klientel formuliert, die unter dem Verdacht steht, sich äußerst wichtig zu nehmen, aber an keine Regeln halten zu wollen.

Hannover 96 ist für das Fehlverhalten seiner Fans im Hinspiel gegen Braunschweig zu einer Geldstrafe in Höhe von 100 000 Euro verurteilt worden. Die Vereinsführung der Eintracht musste immerhin 50 000 Euro entrichten. Gut möglich, dass beide bald erneut zur Kasse gebeten werden.

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