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Grätschen auf Gummi. Die WM-Teams müssen auf kleinere Hallen ausweichen, hier kämpfen Paraguays Marcos Benitez (l.) und der Ukrainer Dimitrij Sorokin um den Ball. Foto: AFP

© AFP

Sport: Noch auf dem Holzweg

Futsal spielt in Europa keine Rolle, in Thailand ist das anders – auch wenn zum WM-Start nicht nur der Parkettboden fürs Endspiel fehlt.

Bangkok - Zumindest auf den Sport kann man sich noch verlassen: Mit einem 3:1-Erfolg über Costa Rica gelang Gastgeber Thailand zum Auftakt der 7. Futsal-WM der erhoffte Auftaktsieg. Ansonsten hatten die Organisatoren an den ersten Turniertagen wenig Grund zur Freude bei den Hallenfußball-Titelkämpfen. Nur eine Handvoll Zuschauer besuchte die bisherigen Spiele – und im vermeintlichen Schmuckkästchen der WM konnte überhaupt noch nicht gespielt werden.

Umgerechnet rund 35 Millionen Euro haben die Verantwortlichen in den Bau einer 12 000 Zuschauer fassenden Arena 30 Kilometer östlich der Hauptstadt gesteckt. Doch wenige Tage vor Beginn des Turniers musste Bangkoks Generalgouverneur Taya Teepsuwan niedergeschlagen eingestehen: „Es wird nichts mit dem Eröffnungsspiel in der neuen Halle. Wir werden nicht rechtzeitig fertig.“ Zunächst war erklärt worden, die Unwetterkatastrophe vom Oktober 2011 sei schuld. Erst am 31. Oktober, dem Tag vor dem Eröffnungsspiel, teilten die Organisatoren dann kleinlaut mit, dass das spezielle Holzparkett fürs Spielfeld noch fehle. Die Ladung mit dem edlen Gehölz sei irgendwo auf dem Schiffsweg zwischen China und Thailand abhandengekommen.

Nun werden die Spiele zwischen den 24 besten Futsal-Teams aus aller Welt erst einmal in drei kleineren Hallen in Bangkok und der 240 Kilometer entfernten Kleinstadt Nakhon Ratchasima ausgetragen. Das bescheidenere Ambiente passt womöglich auch viel besser: Denn obwohl die Fifa seit einigen Jahren mehr oder weniger verzweifelt versucht, Futsal zu fördern und so eine weitere reiche Einnahmequelle zu erschließen, ist das Indoor-Spiel in punkto Marketing-Attraktivität eher kein Hit. Damit die WM in Thailand stattfinden kann, musste der Weltverband in die eigene Tasche greifen. Exklusive Sponsoren aus dem Gastgeberland zeigten kein Interesse. Stolz verkündeten die Organisatoren vor dem ersten Spiel, dass mit einer regionalen Hotelkette zumindest ein kleiner Investor gewonnen werden konnte.

Das fehlende Interesse der Sponsoren liegt in erster Linie daran, dass die Sportart in Fußballnationen wie England und Deutschland oder auf großen Werbemärkten wie in den USA oder China überhaupt keine Rolle spielt. In Deutschland existiert zwar seit ein paar Jahren eine Liga, die aber kaum Zuschauer anzieht. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) unterhält nicht einmal eine offizielle Nationalmannschaft, die WM-Qualifikation fand dementsprechend ohne Deutschland statt.

Die Fifa ignoriert solcherlei Fakten gern als vermeintliche Nebensächlichkeiten. Einem Appell ihres Präsidenten Joseph Blatter folgend, Futsal müsse professionalisiert werden, hat der Fußballweltverband in den vergangenen Jahren rund um den Globus eine Kampagne gestartet, um das Hallenspiel zu pushen. Allein 2011 wurden weltweit 35 Weiterbildungsseminare für Futsal-Trainer und -Schiedsrichter veranstaltet. Unter anderem in Ländern wie Kirgisistan und Neuseeland, wo es hieß, kaum einer der teilnehmenden Sportlehrer habe gewusst, an was für einer Veranstaltung er da überhaupt gerade teilnehme. In Südafrika bemerkte nach dem Ende eines fünftägigen Fifa-Seminars Fußballverbands-Direktor Serame Letsoaka vielsagend: „Lange haben wir diese Sportart in Südafrika nicht ernst genommen. Aber ab jetzt sollten wir ihr eventuell zu jener Anerkennung verhelfen, die ihr gebührt.“

Zumindest in Thailand erfreut sich der Sport einiger Beliebtheit. Was am dichten Verkehr, vor allem aber an der Regenzeit liegt. Wenn es dann in Bangkok regnet – und das passiert beinahe jeden Tag einmal – fallen immer gleich regelrechte Wassermassen vom Himmel. Rasenplätze sind innerhalb von Minuten unbespielbar. Also haben die Thais viele kleine Beton-Hartplätze unter den unzähligen Brücken der Stadt gebaut, wo wetterunabhängig gekickt werden kann. Und damit der Ball nicht immer auf die Straße hüpft, haben sie einen entwickelt, der kaum springt. Futsal ist somit beinahe allgegenwärtig.

Entsprechend ehrgeizig geht das thailändische Nationalteam in die Heim-WM. Mindestens das Viertelfinale möchte der niederländische Trainer Vic Hermans mit seinen Spielern erreichen. Favoriten auf den Titelgewinn sind aber die Brasilianer und Spanier, die alle sechs bisherigen WM-Titel unter sich ausmachten. Es käme einer Überraschung gleich, wenn diese beiden Teams sich nicht am 18. November im Finale gegenüberstünden. Geplant ist das Endspiel nach wie vor in der neuen Bangkok Futsal Arena. Wenn bis dahin das Schiff mit dem Holzparkett aus China eingetroffen ist. Olaf Jansen

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