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Zum Brüllen. Philipp Zeller brachte das deutsche Team früh in Führung. Foto: Reuters

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Sport: Ohne Einleitung zum Titel

Die deutschen Hockeyspieler schlagen im EM-Finale Holland 4:2

Am Ende bewiesen die deutschen Hockeyspieler auch noch großes schauspielerisches Talent, aber das war noch die leichteste Übung. Der Europäische Hockey-Verband hatte eigens, weil das Fernsehen nicht warten wollte, eine Siegerehrung vorgetäuscht, eine „fake presentation“, inklusive Ehrenrunde, Welle vor den Fans und den üblichen Faxen mit dem Pokal. Die Freude der Deutschen wirkte täuschend echt, auch wenn sie den silbernen Pott anschließend noch einmal abgeben mussten. Ein paar Minuten später bekamen sie ihn dann endgültig zurück – und das vollkommen zu Recht. „Das war eine sehr überragende Performance von uns“, sagte Max Müller, der Kapitän der deutschen Mannschaft, die sich im ausverkauften Mönchengladbacher Hockey-Park mit einem 4:2 (2:1)-Sieg gegen Holland zum siebten Mal den EM-Titel gesichert hatte.

Je wichtiger ein Spiel ist, desto schwerer kommt es in der Regel in die Gänge. Erst mal warm werden, Sicherheit finden, ein Gefühl für den Gegner bekommen. Das Endspiel zwischen Deutschland und Holland kam ganz ohne Einleitung aus. Ganze 53 Sekunden waren gespielt, da gingen die Gastgeber durch ein Tor von Philipp Zeller in Führung, im Gegenzug vergaben die Holländer ihre erste Strafecke. Nicht nur wegen des furiosen Auftakts geriet Bundestrainer Markus Weise später regelrecht ins Schwärmen. „Das war heute ein Hockey-Spektakel“, sagte er. „Das Spiel hatte alles, was man von einem Finale erwartet: hohes Tempo, Kampf ohne Ende, starke Spieltore, schöne Chancen, Drama.“

Das Finale war auch das Duell zweier Hockey-Kulturen: die beste Offensive des Turniers gegen die beste Defensive. „Das kann man so hinstilisieren“, sagte Weise. Nur zwei Gegentreffer hatte seine Mannschaft in den vier Spielen bis zum Finale kassiert, und diese defensive Stabilität ist kein Zufall, sondern explizit erwünscht. Der holländische Ansatz ist eher, ein oder zwei Tore mehr zu erzielen als der Gegner. Der aber ging gestern nicht auf.

Die Deutschen hielten ihren Gegner wirksam in Schach. Ihr Auftritt zeichnete sich erneut durch eine gute Struktur und die Konzentration auf das Wesentliche aus. „Wir haben fünf saustarke Spiele gemacht“, sagte Weise. Nichts wurde in den Tagen des Turniers so oft lobend hervorgehoben wie die kollektive Defensivarbeit der Deutschen. Damit die Verteidiger in letzter Instanz Mann gegen Mann spielen können, müssen die offensiven Möglichkeiten des Gegners schon weit vor dem Schusskreis entscheidend eingeschränkt werden. „Wenn die Stürmer vorne gut kanalisieren, kann der Gegner nur in eine bestimmte Spur spielen“, sagt Max Müller. Und in dieser Spur räumen dann die Verteidiger ab.

Auch den Holländern hatte Müller „enge Manndeckung“ versprochen, „kratzen, beißen, spucken“ inklusive. Trotzdem kam Roderick Weusthof nach knapp 20 Minuten im deutschen Schusskreis völlig frei an den Ball und traf mit einer argentinischen Rückhand zum 1:1. Aber die Deutschen reagierten ausgesprochen kühl. Noch vor der Pause brachte Moritz Fürste, der später als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet wurde, seine Mannschaft mit einem Siebenmeter erneut in Führung.

„Ich bin sehr stolz, diese Mannschaft zu trainieren“, sagte Markus Weise. Seine Spieler wollten diesen Sieg unbedingt. Das war am besten in der 42. Minute zu sehen, als Thilo Stralkowski im Fallen einen eigentlich unerreichbaren Ball noch über Torhüter Jaap Stockmann hinweg bugsierte und Florian Fuchs seine Flanke quasi im Flug mit dem 3:1 vollendete. Allein der schwachen Strafeckenausbeute der Deutschen war es geschuldet, dass das Finale nicht längst entschieden war. Selbst Kapitän Müller fand die Versuche „etwas arg kreativ“.

Teun de Nooijer konnte eine gute Viertelstunde vor Schluss noch einmal auf 2:3 verkürzen. Der Bundestrainer erlebte nun „eine sehr kritische Phase“, in der das Spiel noch hätte kippen können. „Aber die Mannschaft hat als Team sehr gut reagiert.“ Und sie bewies wieder einmal ein Gespür für den richtigen Moment. Sieben Strafecken hatten die Deutschen vergeben, zwei Minuten vor Schluss lenkte Oliver Korn die achte zum 4:2 ins Tor. Das Drama war zu Ende.

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