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Sport: Ohne Gleichgewicht

polemisiert über den Nicht-Meister Schalke 04 Was ist geschehen mit dem Meister der Herzen? Muss man wieder Mitleid haben mit Schalke 04, so wie damals, 2001, als der FC Bayern den Schalkern in letzter Minute den schon angefeierten Titel stahl?

polemisiert über den Nicht-Meister Schalke 04 Was ist geschehen mit dem Meister der Herzen? Muss man wieder Mitleid haben mit Schalke 04, so wie damals, 2001, als der FC Bayern den Schalkern in letzter Minute den schon angefeierten Titel stahl? Oder muss man nach diesem 29. Spieltag der Fußball-Bundesliga nicht eher ein paar unangenehme Wahrheiten aussprechen? Hat nicht der Meister der Herzen längst seine Sympathiewerte verringert, ja verbraucht, so dass man zu dem Schluss kommen muss: Es ist vom lieben Fußball-Gott nicht gewollt, dass dieser Klub Meister wird.

Vielleicht liegt es an der Aura von Abgezocktheit und bierseliger Vergnügungsmentalität, verkörpert vom letzten Patron der Bundesliga, Manager Rudi Assauer, dass Schalkes Träume einfach nicht schön enden können. Vielleicht wird man mit Penetranz, gespieltem Understatement und der Doppelrolle des ewig zu kurz Gekommenen mit dicken Zigarren nicht Meister – sondern nur mit kluger Berechnung (FC Bayern), ehrlicher Bescheidenheit (Bremen) oder einfach nur mit Glück (Kaiserslautern). Schalke und Rudi Assauer wollten aber so sehr, so dringend, so verbissen und endlich, endlich Meister werden, dass es womöglich deshalb nichts wird. Auch zu kurz Gekommene müssen glaubwürdig bleiben, sonst hat sie der Fußball-Gott nicht mehr lieb. Schalke fehlt das Gleichgewicht zwischen Wollen und Können, zwischen Tun und Lassen. Es fehlt natürliche Gelassenheit.

Schalke versuchte es ja auch mit Zurückhaltung, gefällig vorgetragen, um nur keinen falschen Eindruck zu erwecken. Aber nachdem Lincoln vor einigen Wochen im Spitzenspiel gegen den FC Bayern den Ball über die Münchner Mauer hinweg ins Tor von Oliver Kahn gezirkelt hatte, brachen alle Dämme. Die so mühsam auferlegte Zurückhaltung wurde Opfer der großen Gelüste. Wer so lange wartet und schon einmal so kurz davor war, sich seine Sehnsucht zu erfüllen, den überfällt die Gier. Der sieht sich schon am Ziel. Anders gesagt: Wer sein Stadion in ein Bierzelt verwandelt, der will volltrunken Titel feiern. Dabei geht dann die Konzentration auf das Wesentliche flöten. Assauer sagt nun, er habe nie, nie, nie vom Titel gesprochen, dabei ist ihm der Wunsch wie Veltins-Schaum über die Lippen gequollen. Wozu hat er die halbe Liga verpflichtet?

Manche mögen das alles, diese Art, dann sind Schalker ja doch ganz sympathisch! Nur Meister werden sie nie.

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