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Sport: Ohne Halt

Hallenvolleyballerin Susanne Lahme dachte, dass sie auch auf Sand glänzen könne – ein Denkfehler

Berlin - Susanne Lahmes Gesicht sah merkwürdig blass aus. Das lag an dem Kontrast zu dem leuchtend orangefarbenen Handtuch, das sie sich um den Kopf gewickelt hatte. Sie hat ohnehin eine sehr helle Haut. Außerdem war’s ziemlich kalt für einen Junitag, und sie kam gerade vom Spielfeld. „Wir haben alles versucht, es hat halt nicht geklappt“, sagte sie. Mit ihrer Partnerin Danja Müsch hat sie noch nie gegen das Weltklasse-Beachvolleyball-Duo Behar/Bede aus Brasilien gewonnen, gestern verloren sie wieder: 0:2. Es war das erwartete Ergebnis im Halbfinale des Weltserie-Turniers in Berlin. Das Spiel um Platz drei verloren sie später auch erwartungsgemäß 0:2 gegen McPeak/Youngs (USA).

Am Freitagabend war Susanne Lahmes Gesicht auch blass, so blass, als stünde sie unter Schock. Aber da saß sie in einem warmen Container, sie hatte kein Handtuch in Leuchtfarbe um den Kopf, und sie hatte 20 Minuten zuvor mit Müsch gegen die Italienerinnen Perrotta/Gattelli gewonnen. Lahme nahm ein Handy, starrte plötzlich auf ihre Hand und platzte dann heraus: „Mein Gott, ich zittere ja immer noch.“ Lahme/Müsch hatten nämlich erst nach drei Sätzen gewonnen und acht Matchbälle vergeben. Sie hätten viel klarer gewinnen müssen, Perrotta/Gattelli sind in der Weltrangliste weit hinter Lahme/Müsch.

Dass Susanne Lahme derart geschockt wirkte, hat wenig mit der Dramatik des Spiels zu tun. Es hat aber sehr viel damit zu tun, dass die 35-Jährige noch nicht wirklich im Beachvolleyball angekommen ist. „Ich bin selbst bei zweitklassigen Beachspielen so nervös, als wäre ich in der Halle bei einem WM-Finale.“

Das sagt eine der besten Volleyballerinnen der Welt. Das sagt eine Frau, die als Profi in Brasilien und Italien glänzte, 239 Länderspiele absolvierte, die in Deutschland zweimal Volleyballerin des Jahres wurde, die dreimal an Olympischen Spielen teilnahm. Alles in der Halle.

Warum fühlt sich so jemand beim Beachvolleyball mitunter wie ein Anfänger? „Weil da so vieles anders ist“, sagt Lahme. Der Wind, die Sonne, der ungewohnte Untergrund, „man hat auch keine Orientierungspunkte“. Sie muss jetzt mehr zuspielen und im Feld abwehren, sie erhält als schwächere Spielerin des Duos viel mehr Bälle als in der Halle, sie muss beim Blocken anders abspringen. Sie war gewohnt, dass der Hallenboden ein wenig federt. Sand federt nicht.

Als Susanne Lahme erstmals auf Sand spielte, 2001, trat sie mit der Lässigkeit einer Star-Hallenvolleyballerin auf. Bis sie mit Andrea Ahmann, ihrer ersten Partnerin, auf Rügen spielte, ein zweitklassiges Turnier. Auf der anderen Seite standen zwei unbekannte Lokalgrößen, keine größer als 1,50 m. Aber Lahme/Ahmann verloren. Lahme, 1,82 m, liiert mit einem italienischen Volleyballer, war fassungslos. „In der Halle hätte man solche Wurzelzwerge leicht in Griff bekommen.“

Ein Jahr später wechselte sie zu Danja Müsch. Eine gute Wahl. Müsch spielt seit 1994 auf Sand, sie ist die beste deutsche Beachvolleyballerin. Danja Müsch glich am Anfang sehr viele Mängel von Lahme aus. Sie gleicht immer noch viel aus, aber weniger als früher. „Ich kann Susanne ja nicht alles sagen.“ Außerdem war sie mal selber nicht in Bestform, nachdem sie eine Tochter bekommen hatte. Damals spielten Müsch/Lahme durchschnittlich.

Aber Susanne Lahme wollte nicht bloß mitgezogen werden. Im vergangenen Winter verzichtete sie deshalb erstmals auf Halleneinsätze und trainierte nur fürs Beachvolleyball. „So langsam taste ich mich heran“, sagt sie. Lahme/Müsch sind immerhin in Deutschland so erfolgreich, dass ihr Athen-Ticket wohl gesichert ist. „Dort wäre Platz neun ein Erfolg“, sagt Danja Müsch. Und Platz vier gestern war ja auch beachtlich. 2003 landete das Duo in Berlin noch auf Rang 33. Und Lahme, beobachtet von ihrem Partner, spielte damals katastrophal. „Susi“, sagt Danja Müsch ironisch, „war damals froh, dass sich ihr Freund nicht von ihr trennte.“

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