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Vipa Bernhardt

© dpa

Olympia: Nummer drei sucht ein Opfer

Die Schwimmerin Vipa Bernhardt will ihren Olympiastart einklagen - und löst damit allseitige Empörung aus.

Berlin - Thomas Rupprath hat die ganze Geschichte erst gestern Morgen erfahren. Aber er ist richtig sauer wegen der Geschichte. Rupprath sitzt auf einem Startblock in der Schwimmhalle des Sportforums Hohenschönhausen in Berlin und sagt: „Das ist unterste Ebene. Das macht man einfach nicht.“ Ein paar Meter neben dem Kurzbahn-Welt- und Europameister hockt Lars Conrad, der Freistilspezialist, auf einer gefließten Steinbank und erklärt: „Das ist einfach unsportlich.“ Er hat die Geschichte auch erst gestern erfahren, wie fast alle Mitglieder der Schwimm-Nationalmannschaft, die derzeit in Berlin trainieren.

Im Kern der Geschichte steht Vipa Bernhardt aus Frankfurt, Dritte der deutschen Meisterschaften über 200 Meter Brust und damit nicht für Peking qualifiziert. Bernhardt hat nun aber beim Landgericht Kassel eine Einstweilige Verfügung erwirkt. Der Deutsche Schwimmverband (DSV) musste sie daraufhin für eine Olympia-Nominierung vorschlagen. Die Nominierungskommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) verkündete gestern die Olympiateilnehmer, doch der Name Bernhardt fehlt noch. Ob sie nach Peking darf, wird der DOSB erst am 20. Juli entscheiden.

Wenn es nach DOSB-Präsident Thomas Bach geht, fährt sie eher nicht: „Ich habe noch nicht erlebt, dass eine Athletin versucht, eine Kollegin unter Angabe von Formfehlern aus der Mannschaft zu boxen“, erklärte Bach gestern.

Der Formfehler ist nach Bernhardts Ansicht der Verein von Anne Poleska, der deutschen Vizemeisterin über 200 Meter Brust. Poleska soll das Opfer der Geschichte werden. Die Olympiadritte von 2004 über 200 Meter Brust lebt seit neun Jahren in Florida und trainiert beim Coral Springs Swim Club. Für den habe sie Wettkämpfe bestritten, führt Bernhardt an, deshalb hätte sie bei den deutschen Meisterschaften nicht für die SG Krefeld starten dürfen. Vipa Bernhardt, nettes Detail, lebt auch in Florida, in Gainesville.

Anne Poleska steht am Beckenrand und sagt ziemlich gefasst: „Jeder kann sich denken, dass ich das nicht gut finde. Es ist sportlich nicht das, was man machen sollte.“ Mehr zu Bernhardt sagt sie nicht. Aber zu Coral Springs sagte sie einiges. Zum Beispiel: „Ich habe nie für diesen Klub Wettkämpfe bestritten.“ Sie sei zwar mit ihrem Verein zu Wettkämpfen gefahren, aber dabei offiziell immer „ohne Verein gestartet“. Genau dieser Hinweis sei an der Anzeigentafel hinter ihren Zeiten aufgetaucht.

Auf der website von ein paar lokalen Veranstaltern sei sie in der Ergebnisliste irrtümlich als Mitglied des Coral Spring Swim Clubs aufgetaucht. Diese website hatten wohl Bernhardt und Funktionäre ihres Vereins SG Frankfurt entdeckt. Aber auf den offiziellen Seiten des US-Schwimmverbands seien ihre Zeiten immer mit dem Hinweis „ohne Verein“ protokolliert worden. „Deshalb gehe ich fest davon aus, dass ich in Peking über 200 Meter Brust an den Start gehen werde“, sagt Poleska.

Örjan Madsen, der Chef-Bundestrainer, sagt bloß: „Ich halte mich an die Fakten.“ Die Fakten lauten so: Madsen muss am 23. Juli dem Internationalen Olympischen Komitee die Liste aller Einzelstarter vorlegen. Danach ist keine Änderung mehr möglich. Und pro Strecke darf er nur zwei Sportler melden. Am 25. Juli fliegt die Nationalmannschaft nach Japan. Und entweder fliegt Poleska mit oder Bernhardt; Poleska ist längst offiziell nominiert. Aber Madsen sagt auch: „Ich denke, das Problem wird sich bald von selber erledigen.“ Was er damit meint, sagt er nicht. Allerdings erklärt er: „Das beste Kriterium ist die Leistung. Und da ist Anne die Nummer zwei und Vipa die Nummer drei.“

Und genau deshalb, sagt Lars Conrad, der langjährige Aktivensprecher, muss man aus diesem Umstand die Konsequenzen ziehen: „Am Tag der Qualifikation war Vipa unterlegen, damit muss sie einfach leben.“

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