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Olympische Momente: Als der Puck auf der Linie klebte

Wie festgefroren steht er da. Der Körper ist erstarrt; sein Blick richtet sich fassungs- und regungslos Richtung Tor. Gefühlte Minuten verbringt Eishockeyspieler Peter Draisaitl nach seinem entscheidenden Penalty so am Rand der Bande und was er von dort mit ansieht, kann er wohl selbst nicht begreifen.

Von Katrin Schulze

Wie festgefroren steht er da. Der Körper ist erstarrt; sein Blick richtet sich fassungs- und regungslos Richtung Tor. Gefühlte Minuten verbringt Peter Draisaitl nach seinem entscheidenden Penalty so am Rand der Bande und was er sich von dort mit ansieht, kann er wohl selbst nicht begreifen.

Die deutsche Eishockeynationalmannschaft hat sich im Viertelfinale der Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville gegen den Favoriten Kanada nach einem 3:3 sensationell in die Verlängerung gekämpft. Dort fällt kein weiterer Treffer, das Penaltyschießen muss über den Einzug ins Halbfinale entscheiden – die größte anzunehmende Spannung. Überhaupt ist es das erste Mal in der olympischen Geschichte, dass eine Entscheidung über die Medaillen im Eishockey nicht in einer Finalrunde, sondern im K.o.-Modus fällt. Die Partie zwischen den Kanadiern und Deutschland bleibt das einzige Duell in Albertville, bei dem es zum Shoot-out kommt. 2:2 steht es nach fünf Schützen – wer nun patzt, ist raus.

Für das kanadische Team tritt Eric Lindros an, er überwindet Helmut de Raaf im deutschen Tor. Jetzt liegt es an Peter Draisaitl: Von der Mittellinie läuft er auf Goalie Sean Burke zu, zieht ab – und trifft nicht. Denken alle. Doch der Puck rutscht dem Torhüter durch die Beine. Und kullert direkt aufs Tor zu. Und kullert ... und kullert – und legt sich dann irgendwann genau dort hin, wo sich Sieger und Verlierer farblich am deutlichsten voneinander trennen: unmittelbar auf die Torlinie. Keinen Millimeter dahinter. Deutschland ist ausgeschieden.

Millionen Deutsche verfolgen vor dem Fernseher, wie Peter Draisaitl beinahe angewurzelt auf seinen Kufen steht, während die Kanadier jubelnd übereinander herfallen. Denn das Eishockey-Viertelfinale von Albertville läuft zur besten Sendezeit, die Tagesschau sollte längst begonnen haben. Doch die Zuschauer sehen keine Nachrichten, sondern eine der knappsten Entscheidungen in der Geschichte des Eishockeys.

„Peter Draisaitl hat das Elend der Welt auf dem Schläger“, heißt es im Original- Radiokommentar von Eddie Körper. Tatsächlich ist es dem deutschen Eishockeynationalteam danach nicht mehr gelungen, dem Einzug in ein olympisches Halbfinale ähnlich nahe zu kommen wie an diesem 18. Februar des Jahres 1992.ks

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