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Das weiße Band. Schukow (r.) inspiziert Kunstschnee und braune Hügel.

© AFP

Olympische Winterspiele 2022: Déjà-vu in Peking

Nach dem Rückzug von München und Oslo dürften die Olympischen Winterspiele 2022 nach Peking gehen, da der einzig verbliebene Konkurrent Almaty Probleme mit der Finanzierung hat.

Wer die Olympischen Spiele in den vergangenen Jahren etwas näher verfolgt hat, muss zuletzt geglaubt haben, in einer Zeitschleife im Jahr 2008 stecken geblieben zu sein. Wieder sah er Wang Hui in Peking auf einem Podium sitzen, wieder hörte er die Funktionärin über Olympische Spiele in der chinesischen Hauptstadt sprechen, wieder versprach sie ein offeneres Internet für die 17-tägigen Spiele. Nur der Blick auf das Logo hinter ihr machte deutlich, dass sie nicht mehr für das Organisationskomitee von Beijing 2008 sprach. Sondern für das Bewerbungskomitee von Beijing 2022.

Gut möglich, dass in den nächsten Jahren weitere Déjà-vu-Olympiaerlebnisse warten. Am Wochenende endete der Inspektionsbesuch der Evaluierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2022. „Unser Besuch hat bestätigt, dass Peking in der Lage ist, die Winterspiele 2022 erfolgreich abzuhalten“, sagte Kommissionsleiter Alexander Schukow, „der olympische Geist, den Peking und China 2008 gezeigt haben, ist lebendig und stärker als je zuvor.“ Es sieht gegenwärtig stark danach aus, als werde Peking am 31. Juli bei der IOC-Versammlung in Kuala Lumpur den Zuschlag bekommen.

Probleme bei der kasachischen Bewerbung sprechen für Peking

Der nach dem Rückzug Münchens und Oslos einzig verbliebene Konkurrent Almaty, den die Evaluierungskommission Anfang März besucht hat, kann zwar mit einer größeren Wintersporttradition aufwarten. Allerdings haben die Kasachen Probleme, ihr Organisationsbudget von 1,9 Milliarden Euro zu finanzieren. Es soll nun durch Änderungen um 466 Millionen Euro gekürzt werden. Peking rechnet mit einem Etat von 1,8 Milliarden Euro und kann bereits acht Sponsoren vorweisen, die für 80 Prozent der Marketingeinnahmen in Höhe von 791 Millionen Euro aufkommen sollen. Das wichtigste Argument für eine Neuauflage der Pekinger Spiele im Winter liefert aber die Volkszeitung, das Parteiorgan der Kommunistischen Partei Chinas: „Beijing 2022 wird dem Wintersportmarkt einen großen Schub geben, weil 300 Millionen Menschen dazu angeregt werden, mit dem Wintersport anzufangen.“

Peking ist allerdings eher der nicht ganz so schlechte Kandidat. Schon jetzt zeigt sich, dass sich nach dem Zuschlag alle Streitthemen aus dem Jahr 2008 wiederholen dürften: Luftverschmutzung, Internetzensur, Menschenrechte. „Wir werden 2022 ohne Zweifel offener sein als 2008“, sagte zwar die Sprecherin Wang Hui. Menschenrechtsorganisationen zweifeln das an, sie beklagen seit 2008 eine dauerhafte Verschlechterung der Menschenrechtslage und der Arbeitsbedingungen für Journalisten in China.

Kunstschneeveranstaltungen in 190 Kilometern Entfernung

Zwar sollen einige Orte wie das Vogelneststadion (Eröffnungs- und Schlussfeier), das Schwimmstadion (Curling) oder die Wukesong-Arena (Eishockey) erneut genutzt werden. Doch für die Schneeveranstaltungen, oder besser Kunstschneeveranstaltungen, in Zhangjiakou müssen die Zuschauer von Peking aus 190 Kilometer anreisen. Dafür müssen zwei Autobahnen gebaut werden und eine Schnellzugstrecke, die das Bewerbungskomitee praktischerweise nicht im Budget veranschlagt hat. Hintergrund dürfte die IOC-Agenda 2020 sein, die exzessive Olympia-Kosten wie in Sotschi (47 Milliarden Euro) verhindern soll. „Der Mangel an Transparenz beim Budget überschattet weiterhin die Pekinger Bewerbung für 2022“, schreibt der Olympia-Branchendienst „Inside the Games“. Eine Vergabe an Peking dürfte das trotzdem nicht verhindern.

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