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MVPau: Pau Gasol war von den Franzosen nicht aufzuhalten und erzielte im Halbfinale gegen den Gastgeber 40 Punkte.

© afp

Pau Gasol vor dem EM-Finale: Spiel um Unabhängigkeit

Pau Gasol ist der überragende Basketballer der EM. Vor dem Finale gegen Litauen wird der Katalane in seiner Heimat von der Politik vereinnahmt.

Um Superlative sind Spanier im Sport selten verlegen. Und so feiern sie ihren besten Basketballer Pau Gasol, der derzeit beim EM-Turnier überragt und sein Nationalteam ins Finale geführt hat, mit euphorischen Schlagzeilen und Wortspielen. Vom „Michael Jordan Spaniens“ ist zu lesen, vom „MVPau“ statt MVP und sogar von „Es-Pau-ña“ statt „España“.

Es gibt nur ein Problem: Gasol ist ebenso Spanier wie Katalane. Letztere gelten landesintern als eher nüchtern und so lobt der oft phlegmatisch wirkende Center gebetsmühlenartig die Mannschaftsleistung. Und das, obwohl er zuletzt beim 80:75-Halbfinalsieg gegen Frankreich alleine die Hälfte aller spanischen Punkte erzielt hatte. 40 Zähler – eine unvorstellbare Leistung auf europäischem Spitzenniveau. Mit 35 Jahren hat NBA-Star Gasol sich noch einmal selbst übertroffen und ist mit 25,6 Punkten im Schnitt der beste Scorer und klare MVP des Turniers.

Doch sind vor dem Finale gegen Litauen (19 Uhr, live bei TelekomBasketball.de) nicht nur die Leistungen Gasols ein Thema, sondern auch sein Nationalgefühl. Nach dem Halbfinaleinzug sagte er: „Für sein Land zu spielen, ist ein Stolz.“ Ein Video zeigt den ehemaligen Barcelonesen, wie er in der Kabine mit Teamkameraden „Yo soy español“ (Ich bin Spanier) singt. Das kommt in der aktuell politisch aufgeheizten Situation schlecht an. In sozialen Netzwerken wird Gasol nun „Botifler“ genannt, Katalanisch für: Verräter.

Alle Spanier sind stolz, dass Pau Gasol ein Landsmann ist

Beim Thema Unabhängikeit sind Katalanen alles andere als nüchtern, sie haben die Regionalwahlen in einer Woche zum Referendum über die Loslösung von Spanien erklärt. Gegner und Befürworter stehen sich unversöhnlich gegenüber, jede Seite versucht dabei, Sportheld Gasol zu vereinnahmen. „Alle Spanier sind stolz, dass er ihr Landsmann ist“, sagte etwa die Vizepräsidentin der Zentralregierung. Die katalanische Koalition „Junts pel Sí“ (Gemeinsam fürs Ja) erinnerte daran, dass Pau sich gemeinsam mit Bruder Marc Gasol für das Recht auf freie Entscheidung ausgesprochen habe.

Unabhängigkeitsgegner werben mit dem Slogan „All das könnten wir verlieren“ und zeigen Fotos jubelnder gesamtspanischer Nationalteams, auch die Basketballer um Gasol. Der hält sich derzeit mit Kommentaren zurück, dafür spricht Sergio Scariolo. „Es schauen derzeit mehr Menschen als sonst Basketball“, hat der Nationalcoach bemerkt, obwohl er Italiener ist. „Wir haben Spieler aus allen Regionen. Dass Pau sich als Katalane und Spanier fühlt, eint uns.“

Spaniens goldene Basketball-Generation

Denn diese Goldene Generation im Basketball ist eine verschworene Einheit, die Spieler aus Madrid, Barcelona und Valencia sowie NBA-Profis bilden. Das erfolgreichste Basketballteam der letzten zehn Jahre außerhalb der USA holte zweimal Olympiasilber und WM-Gold 2006. Und will nun, nach der bereits gesicherten Rioreise 2016, auch noch den dritten EM-Titel abstauben. Und das obwohl Stars wie Marc Gasol, Serge Ibaka und Carlos Navarro abgesagt haben. Dafür scheint Pau Gasol, der 2,13-Meter-Mann von den Chicago Bulls, nach 14 Jahren NBA in den Jungbrunnen gefallen zu sein. Anders als der zwei Jahre ältere und müdere Dirk Nowitzki, der in der Vorrunde in Berlin in letzter Sekunde gegen Spanien ausschied. Die Iberer haben sich seither gesteigert, vor allem Gasol.

Im Finale gegen Litauen, das Serbien im Halbfinale schlug, will Gasol nun Starcenter Jonas Valanciunas austanzen, ähnlich wie Gegenspieler Rudy Gobert im Halbfinale. Vor Europas neuer Rekordkulisse von 27 000 Zuschauern im Fußballstadion von Lille hatten die Spanier die Gastgeber und Titelverteidiger um Tony Parker aus dem eigenen Turnier geworfen. Danach wurden die Schlagzeilen in Spanien übrigens wieder national: Gasol sei Frankreichs Albtraum, wie Miguel Indurain bei der Tour de France und Rafa Nadal bei French Open.

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